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Freeze!

Immer noch unschlagbar: Freeze! von Valentin Beinroth und Florian Jenett. War mal Teil meiner Diplomarbeit zum Thema »Kunst am Rande der Legalität«, die ich 2003 geschrieben habe. Jenett und Beinroth haben neulich ihre Homepage gepimpt und endlich gescheite Bilder ins Netz gestellt. Der Text, den ich damals dazu geschrieben habe, wirkt hier ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen. Momentan geht’s in diesem Land um ganz andere Dinge, Datenschutz, Finanzmarktkrise, Frühlingsgefühle etc. Trotzdem lesen.

Valentin Beinroth und Florian Jenett - Freeze
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»Als besorgniserregend empfanden einige Frankfurter die brillante Aktion zweier Künstler (»Freeze«), die durch das Mitführen von Waffen eine »Störung der öffentlichen Ordnung« verursachten – nur waren die mitgeführten Schießeisen aus Eis. Zuvor wurden etwa 80 Pistolen-Attrappen mit Hilfe einer Silikonform erstellt und im Stadtkern Frankfurts verteilt. Die durchschlagende Wirkung – die Pistolen sahen täuschend echt aus – brachte nach kurzer Zeit die örtliche Polizei auf den Plan, die kurzerhand die gefrorenen Plagiate in Beschlag nahm.

Waren es in den 30er Jahren die Surrealisten, die unter vorgehaltener Waffe Passanten auf der Straße zu erschießen drohten, gilt heute das Gesetz der Diskretion. Mit sicherem Gespür für affektische Verhaltensweisen versahen die Künstler den Stadtraum quasi unbemerkt mit ihren Pistolen, um im Anschluss ihre Wirkung zu beobachten. Die Aktion hatte hohen Symbolcharakter, ist doch das Bedürfnis nach Sicherheit alles bestimmendes Thema derzeitiger Politik. Von einer messbaren Radikalisierung unserer Gesellschaft weit entfernt, ist das allgemeine Sicherheitsstreben in Form des sich überall entfalteten Sicherheitspersonals omnipräsent. Die insensiblen Überwachungsmethoden schaffen in unseren Städten ein Klima der Kontrolle und Repression. Zudem schüren sie Angst vor Verbrechen. Denn hinter einem großen Sicherheitsaufwand müsste man eigentlich eine Bedrohung für die innere Sicherheit vermuten. Insofern ist aus der Sicht der Mehrheitsgesellschaft die öffentliche Sicherheit weiter zu verbessern. Einer Minderheit bleibt es so denn vorenthalten, auf die Gefahren zu verweisen, die die Bekämpfung der Gefahren mit sich bringt.

Das humorvoll inszenierte Bedrohungsszenario der Pistolenfälscher war ein konsequenter künstlerischer Beitrag zum aktuellen Sicherheitsdiskurs. Das Strafverfahren gegen sie wurde schließlich eingestellt. Dem vernehmen der Künstler nach hatte die Aktion, so die Presse, ohnehin keine Bedeutung.« Ende der Besprechung.

Florin Jenett - WÜ-ZP-200
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Jenetts getunter Toyota WÜ-ZP-200 ist übrigens auch nicht zu verachten. Mit großem Proll-Spoiler an Front und Heck, damit der Wagen auch bei 200 Sachen auf die Straße drückt.