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tarifreform

Die Gema und die neue Sachlichkeit

In sechs deutschen Städten wird heute gegen die bevorstehende Tarifreform der Gema demonstriert. Die Stimmung ist auf beiden Seiten gereizt und nicht immer wird sachlich miteinander geredet. Allein: In der Debattenkultur der Gegenwart ist der (ungefragte) Kommentar so alltäglich ist wie Autofahren und gute Filter, der Verstand beispielsweise, müssen heutzutage anders Arbeiten als zu den seligen Monopolzeiten der Printjahrzehnte. In einer Welt also, in der jeder seinen Senf dazu geben darf, sollten wenigstens die Entscheidungsträger sachlich bleiben. Dass kurz vor der Demonstration die Debatte eskaliert, geht also alleine auf die Kappe der GEMA-Vereinsspitze, die bezahlte Schreiber in Extraschichten (»erweitertes Backup-Team«) engagiert hat, um in sozialen Netzwerken gegen die Kritik an der Tarifreform »anzuschreiben« (siehe Rundbrief vom 03.09.12) und auch sonst ein fragwürdiges Demokratieverständnis an den Tag legt. Mehr Details dazu gibt’s in der De:Bug: GEMA vs. Clubs die Dritte.

Gute Aussichten also für jene, die sich derzeit mit Alternativen auseinandersetzen, die Cultural Commons Collecting Society beispielsweise: »Die C3S ist eine gemeinschaftliche Initiative mit Künstlern und für Künstler, eine neue und richtungsweisende europäische Verwertungsgesellschaft zu gründen.« Mehr dazu hier.

Ob Prince Valium GEMA-Mitglied ist, weiß der Geier. Herrlich unsachlich: Ich scheiß auf die Gema. Kann mir bitte jemand den Ort nennen, wo dieser Akzent gesprochen wird!

Gegen die Tarifreform 2013

228.768 Unterstützer und 88 Tage Restlaufzeit: Die Online-Petition gegen die Tarifreform 2013 der GEMA ist beispiellos in der noch jungen Geschichte der Online-Petitionen. Das bringt die GEMA in Bedrängnis, zumal die Debatte über ihr umstrittenes Abrechnungssystem gerade erst Fahrt aufgenommen hat. Zwar sind große Meinungsbildner wie das Heute Journal mit dem komplexen Gebilde bislang noch überfordert (wer ist das nicht?) und äußern Zweifel am Protest, jenseits der TV-Anstalten gibt es allerdings einige lesenswerte Artikel, die das trockene Thema rund um Tarife und Lizenzen in Ansätzen fassbar macht, allen voran der Beitrag »Mein Senf zum GEMA-Senf« von Browserboy. Guido Möbius, selbst Musiker, Musikverleger und PR-Agent für Plattenfirmen und Festivals, kritisiert die Verteilungspraxis in der Frankfurter Rundschau vom 25.06.2012: »Gema, der Club der oberen 3400«. Die Problematik schwingt auch hier mit: »Vereinfacht ja, verbessert nein: Neue GEMA Tarife mit altem Systemfehler und einer bösen Ohrfeige für Techno«. Dass man den Reformkurs kritisieren kann, nicht aber ändern wird, schreibt die F.A.Z. in ihrer Ausgabe vom 04.07.2012: »Für uns steht der neue Grundtarif nicht zur Diskussion.« erklärte dort Gema-Sprecherin Schilcher unlängst mit verschlossenen Ohren, womit wir wieder bei den Ohrfeigen wären. Und überhaupt: Die Debatten über Gebührenerhebungs- und Verteilungspraktiken, Urheberrecht, Massendigitalisierung und Filesharing treten gerade extrem auf der Stelle. Hilfe, wir sind im Reformstau!

[EDIT I] Statement von Sven Väth zur geplanten Änderung der GEMA-Tarife.

[EDIT II] Die Tariferhöhung der Gema war in der letzten Wochenendausgabe der F.A.Z. Titelstory im Feuilleton: »Tariferhöhung der Gema Wenn die Musik nicht mehr spielt«