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November 2007

3 normal beatles

DJ Weller alias Matthias Westerweller empfiehlt, und dieser Empfehlung möchte ich mich bedingungslos anschließen: 3 normal beatles LIVE und um die Ecke. Und ja, es ist nur ein kleiner Schritt von der Verweigerung zum Widerstand. Einen MySpace-Account anlegen? Kauft euch die CD, Leute.

Freitag 30. November 2007 · Dreikönigskeller (DKK) · Färberstrasse 71 · Frankfurt

Herr Weller schreibt: »Rock n Roll ist mausetot. Das behauptet zumindest der Pressetext zum Live-Album »We Name It Justice« der drei Hamburger Helden, die am Freitag endlich wieder in Frankfurt spielen. Was soll ich da sagen…? Nun ja, sagenhaft gute Unterhaltung von Musikern aus dem Goldenen-Zitronen- & Les-Robespierres-Umfeld. Die etwas andere Hamburger Schule… Sie spielen 2-3 Sets, davor, dazwischen und danach greifen Atze Knauf und ich nach längerer Zeit mal wieder hart durch… Lassen wir doch den ominösen »CL« von besagtem Waschzettel sprechen«:

»Leute machen wir uns nichts vor: Rock n Roll ist mausetot. Die Versuche von Bands wie Kaiser Chiefs, Strokes oder Wolfmother den faden Gesten aus einer untergegangenen Zivilisation noch ein weiteres Mal Leben einzuhauchen erscheinen in etwa so idiotisch wie die Idee Neuschwanstein in Disneyland aufzubauen, oder ein Hohenzollernschloss in der Mitte Berlins.

Als sich 1992 Ted Gaier, Psycho 1 und Klaus Ramcke, der König der Mods, zum ersten Mal auf die Reeperbahn stellen, ist ihnen dieser Sachverhalt bereits klar. Wer Style hat braucht nicht davon zu reden. Er kann sich aufs Wesentliche konzentrieren. Denn wenn an diesem abgenagten Knochen noch irgendwas brauchbares zu holen sein soll, muss man zum eigentlichen Kern des Ganzen vorstoßen. Zu dem, was Regierungen und Eltern das Fürchten lehrte und was Millionen Menschenleben verändert hat: zur Hysterie, zum unvorhersehbaren, riskanten Moment, zur Extase.

Zurückgreifend auf ein Repertoire von ca. 95 schlampig eingeprobten R&B Stücken, gespielt in britischen Versionen der mid-60er und auf klapprigem, unsammlerisch zusammengestelltem Instrumentarium stehen sie da. Oft bis zum Morgengrauen, sich und die Hängengebliebenen in Trance spielend wie Hare Krishnas oder eine moldawische Hochzeitskapelle. Egalitär, angreifbar, stolz und laut. Rohe Gebrauchsmusik die durch das kollektive Gedächtnis verschiedener Generationen zu so etwas wird wie einer universellen Folklore ohne Heimatland. In den Menschentrauben sieht man Obdachlose, Kieztouristen, Mojo-Clubgänger, Rocktypen, Pudelmenschen. Ramcke´s Ansagen weiten sich aus zu philosophischen Diskursen, pöbelhaften Zwiegesprächen, bizarrem interaktivem Straßentheater. Mit den Jahren folgen Umbesetzungen, 8 Jahre lang spielt Thomas Wenzel den Bass, seit 4 Jahren Thorsten Seif. Die 4- 8 Stunden Shows verlagern sich zusehends in geschlossene Räume.

Die 3 normal beatles spielen in Rock Clubs, besetzten Häusern, Technoläden, Theatern und Dorfgaststätten. Auf Hochzeiten, Yuppieparties und Filmfestivals. Irgendwo in einer Ecke hingestellt ohne den Schutz einer Bühne oder die Sicherheit einer PA. In Verweigerung der Macht, nur für den Moment. Von Angesicht zu Angesicht in zerrissenen Anzügen. Hüter eines verlorenen Schatzes von dem Oldieradiohörer und streberhafte Coolnessfüchse keine Ahnung haben.«

Hört sich gut an? Ist gut! Verdammt gut!

Augustmusik

O Gott, wir bewegen uns mit großen Schritten Richtung 2008 und ich hab’ hier zahlreiche noch unkommentierte Playlists rumfliegen, die für die Öffentlichkeit bestimmt waren und nie fertig gestellt wurden. Betrachten wir es als Anfang vom Ende 2007. Da waren die Chemical Brothers. Man kann von der neuen Chemical Brothers halten, was man will, einen Großteil der Songs hätten sich die Brüder in der Tat sparen können, »Battle Scars« jedoch, das ist stark, ein starkes Stück. Kickt bereits nach wenigen Sekunden. Fad Gadget-artiger Neo-New-Wave, britisch und dunkel wie eine Nacht im London Dungeon. Oder etwas deutlicher gesagt: »Battle Scars« bewahrt die Chemical Brothers vor der Bedeutungslosigkeit. (Chemical Brothers at MySpace)

Einige vermuten richtig, dass die ganz großen Alben nicht aus 2007 kommen. Oder am Ende vielleicht doch? Musik macht Pause. Große Hits hat es während der letzten elf Vollmonde mit seinen Drumherumphasen allerdings einige gegeben: »If you got the money«, »Let’s dance to Joy Divison«, »D.A.N.C.E.«, »Fledermaus can’t get it« und »North American Scum«, um nur einige zu nennen. Supermayer’s »The art of letting« könnte auch einer werden. Hinter dem großartigen Namen stecken Michael Mayer und Superpitcher, beides Kölnschule, beides Kompakt und beides alte Hasen mit neuer Mission: »Save the World«, so der Titel des Albums, das bereits im September veröffentlicht wurde. Das Album in ganzer Länge ist fabelhaft, wie sich später herausstellen sollte. Das »Konzeptalbum« ist mit »Save the World« endlich mal wieder positiv besetzt – die 63 Minuten dürfen zu Recht als runde Sache bezeichnet werden. Die grandiose YouTube-Compilation auf dieser Seite zeugt übrigens von dem großen Einfluss, den dieses Superduo in diesem Spätsommer auf mich hatte. Das Superhelden-Comic-Artwork stammt von Kat Menschik.

Kate Nash’s »Foundations«, seit einigen Monaten Londons Lieblingszeitvertreib im Pub deines Vertrauens, kommt jetzt endlich auch in Deutschland in die Läden. Bis September müsst ihr euch allerdings noch gedulden (ein wenig überholt, ich weiß). Nach dem fulminanten Sprung auf Platz 2 der UK-Charts ging es ebenso fulminant weiter: Für ihr Album »Made of Bricks« sprang sogar Platz 1 heraus. Da scheint mehr drin zu sein als ein One-Hit-Wonder – Nash wird derzeit allenfalls von Bat For Lashes flankiert und bestrichen. Beides Pflichtkäufe. (Kate Nash at MySpace)

Ein letztes Wort noch zu Caribou, unserem Lieblingsdoktor der Mathematik, der keinen Widerspruch darin sieht, sein Umfeld regelmäßig mit schönster Musik zu versorgen. Mit seinem Album »Andorra« hat der Vollblut-Workaholic aus London ein höchst beachtenswertes Album abgeliefert, das mit besten Kritiken gesegnet relativ schnell wieder von der Bildfläche verschwand, so die Eigenwahrnehmung. Sauerkrautige 60s-Psychedelik für das Jahr 2080. Reich, schön und über irdische Dinge erhaben. Wer »Melody Day« im Four-Tet-Remix gehört hat, weiß, wovon ich spreche. Zu gut zum Vergessen! (Caribou at MySpace)

Sendung vom 09.08.07 · 19 – 20 Uhr · Radio X · zum Livestream
01. Mark Ronson – Oh My God [feat. Lily Allen] (Sony/BMG)
02. Kate Nash – Foundations (Fiction Records/Polydor)
03. Architecture In Helsinki – Debbie (V2)
04. Architecture in Helsinki – Heart it Races (V2)
05. The Chemical Brothers – Battle scars feat. Willy Mason (EMI)
06. Supermayer – The Art of letting (Kompakt)
07. The Bellmer Dolls – Push Push (Dogprint Records)
08. Caribou – Sandy (City Slang)
09. Caribou – Melody Day [Four Tet Remix] (City Slang)
10. South Central – Revolution (Regal Recordings)

jazznotjazz

15 Jahre INFRACom! presents: »jazznotjazz«, das Festival zum Jubiläum. Nächsten Freitag und Samstag im Mousonturm. Im Pressetext heißt es:

»jazznotjazz« bietet die typischen Züge von INFRACom!: pluralistisch und genreübergreifend, entgrenzt und lokal zugleich. Zu erleben gibt es eine Kombination aus Filmen, Live-Konzerten, Radiobar und Party. Nach fast einem Jahr intensiver Vorbereitung vereint jazznotjazz international bekannte Namen wie Nicola Conte, Alice Russell, ZEEP, Jazzanova, [re:jazz] und Goldbach. Und obwohl fast alle Musiker die elektronische Musik pflegen, spielen sie live im Mousonturm.

Im Anschluss an die Live-Konzerte des Samstags geht der Abend nahtlos in eine rauschende Party über mit den befreundeten DJ’s und Labelbetreibern Jan Hagenkötter (INFRACom!) und Jazzanova (Sonar Kollektiv) aus Berlin. Sie werden das Festival mit tanzbaren elektronischen Nu Jazz und Soul Beats für den Rest der Nacht gekonnt versorgen. Wer eine Pause braucht, wohnt der Livepräsentation von Michael Rüttens »Soulsearching« Radioshow bei und schaut sich die Dokumentarfilme »Broken Vibes – Sound of West London« sowie »MPS – Jazzin‘ the Black Forest« in der Studiobühne an.

jazznotjazz · 30.11.- 01.12.2007 · Mousonturm · Waldschmidtstr. 4 · Frankfurt

itse thety elämä

Erkki Pirtola + Gabi Schaffner – »itse thety elämä«. Ausstellung im Mousonturm.

Der finnische Videodokumentarist Erkki Pirtola besucht und filmt seit 25 Jahren Künstler in Finnland und Estland, die sich oftmals irgendwo in der Wildnis und fernab vom Kunstmarkt ihrer Arbeit widmen. Darunter auch der 2004 verstorbene Eremit und Philosoph Elis Sinistö, dessen Werk durch die Aufnahmen Erkki Pirtolas am Leben gehalten werden kann.

Gabi Schaffner arbeitet im Feld der visionären Dokumentation: ethnografisch, mehrsprachig und doppelgründig. Als Medien nutzt sie eigene Texte, Fotografie, akustische Feldaufnahmen und seit 2006 auch Video. Die Grenzen zwischen den Genres werden überschritten, die Spuren sorgsam verwischt.

28.11.07 ab 20 Uhr Vernissage · 29.11. – 24.12.07 Ausstellung · Galerie Station · Mousonturm

Mach’s mit – The Condom of Wise

Aufklärungskampagne der indischen Zentrale für gesundheitliche Aufklärung mit großem Hitpotential. Selbst hier bollywoodtypische Überlänge. Nach dem Clip möchte man sich sofort ein Kondom überziehen.

This is an entertaining and educational video in Telugu on Condom usage, to prevent from sexually transmitted infections and HIV, from Nrityanjali Academy, Secunderabad, Andhra Pradesh, India


Condom Song

Frankfurtmainbuch

Wir freuen uns, Sie zur Buchvorstellung vom »Frankfurtmainbuch« am kommenden Freitag, den 23.11.2007, im ATELIERFRANKFURT begrüßen zu dürfen.

Frankfurt am Main ist für die meisten absonderlich – hier Äppelwoi, grüne Soße und Trinkhallen, dort das internationale Business-Zentrum, die Hochhäuser, die Universität. Für viele ist Frankfurt auch die Batschkapp, Joschka Fischer, die Eintracht, die alte und die Neue Frankfurter Schule, die Museumsmeile, das Bahnhofsviertel, die Zeil und die Fressgass, die Messe, die Oper und die Schirn. Doch was ist die Stadt zwischen Niedererlenbach und Flughafen, zwischen Fechenheim und Sossenheim wirklich?

Das »Frankfurtmainbuch«, das jüngst im Verbrecher Verlag erschienen ist, gibt Auskunft. An diesem Abend lesen die AutorInnen Julia Mantel, Klaus Walter, Thomas von der Osten-Sacken und Oliver Piecha, es moderiert Jörg Sundermeier.

Im Rahmen der freitagsküche – Essen, Trinken, Musik

Freitag, den 23.11.2007 ab 20 Uhr im ATELIERFRANKFURT · Vortragsraum im 2. OG · Hohenstaufenstrasse 13-25 · Frankfurt