Zum Inhalt springen

Dezember 2013

Die besten Alben 2013 – Plätze 1 und Top 10 Tracks


Rolands No. 1:

Daft Punk – Random Access Memories
(Smi Col / Sony Music)

Es gibt ja Nummer Einsen aus persönlichen Gründen, dies ist zusatzlich eine aus Anerkennung. Zweifellos das promoteste Album in diesem Jahr, zweifellos wurde hier in die Produktion mehr Geld reingesteckt als sonstwo. Ein Blockbuster. Anzuerkennen ist aber: es funktioniert schlicht. Und es funktioniert bei praktisch allen. Als ich es zuerst hörte war ich gar nicht sooo beeindruckt, dann aber wuchs und wuchs es doch. Das mit »zurück zu Analog« usw. interessiert mich persönlich dabei weniger, eher ist es wirklich die Bandbreite, die Erfindung des Dokutracks, sogar die Roboterballaden. Kann ich mir ohne Ermüden sehr, sehr oft anhören. Und hab ich dann auch.

https://vimeo.com/66822140

Sebastians No. 1:

Phoenix – Bankrupt!
(Warner)

2006 zweiter Platz, 2009 erster, nun wieder erster: Phoenix machen es kraft ihres narkotisierenden Ästhetizismus möglich, dass man in Zeiten, in denen sogar der Erwerb von Fairtradeprodukten höchstbedenklich ist, sich belangloseste Inhalte wie „S.O.S. in bel air“ oder „Trying to be cool“ zu Gemüte führen und sich dabei auch noch gut fühlen darf. Mit Bankrupt! (man beachte den höchst subtilen Titel) haben sie endgültig den Höhepunkt ihres Schaffens erreicht. Nie waren der Martini kühler, die Sonnebrille dunkler, das Meer blauer und die Accessoires plastizider. Der Pfirsich auf dem Cover bestätigt das!


Gregors No. 1:

Daft Punk – Random Access Memories
(Smi Col / Sony Music)

Diese Platzierung ist kein Zufall. Das ist einfache Mathematik. Addition und Multiplikation. Clicks (so sagt man heute) mal Länge der Songs. Das ergibt alleine für »Get Lucky« fast fünfeinhalb Stunden Spaß (ohne die vielen Edits, Remixe und Coverversionen, die das Album nach seiner Veröffentlichung abgeworfen hat, Darkside etc.). Das muss ihnen erst mal jemand nachmachen. Mensch, waren mir Daft Punk egal, aber da hier ist reinste Satisfaction, Freunde! Die Diktatur eines Liedes (eines Albums?), wie sie es seit den Beatles nicht mehr gegeben hat. Das erste Mal auf den Hügeln L.A.s gehört. Die Just-Married-Blechdosen meiner Las-Vegas-Hochzeit waren noch nicht richtig verhallt und ich hatte keine Ahnung, was da gerade auf Spotify läuft (erwähne ich der Unbefangenheit wegen), am allerwenigsten dachte ich an zwei Franzosen, laut Celebrity Networth mit je 60 Millionen Dollar die zweitreichsten DJs der Welt. Das hätte eigentlich schon gereicht, wollte aber nicht mehr aufhören. Im Resultat: Ein großes Ganzes!


Rolands Top Tracks 2013, Plätze 10 bis 1:

10 Arcade Fire – Reflektor
09 Moderat – Bad Kingdom
08 Buke & Gase – Houdini Crush
07 Ten Walls – Gotham
06 Bill Callahan – Ride My Arrow
05 Bonobo – Cirrus
04 Jon Hopkins – Open Eye Signal
03 James Holden – The Caterpillar’s Invention
02 Daft Punk – Giorgio by Moroder
01 Chvrches – The Mother We Share (Moon Boots Remix)

Zum Nachhören über folgende Youtube-Playlist:


Sebastians Top Tracks 2013, Plätze 10 bis 1:

10 Robert Glasper Experiment – I stand alone
09 Kakkmaddafakka – Bill Clinton
08 Leslie Clio – Gotta stop loving you
07 Pet Shop Boys – Love ist a bourgeois construct
06 Moderat – Bad kingdom
05 Tocotronic – Die Revolte ist in mir
04 Junip – Line of fire
03 James Blake – Retrograde
02 Daft Punk – Instant crush
01 Vampire Weekend – Step

Youtube-Playlist zum Nachhören (z. T. nur als Fragmente oder Livemitschnitte):


Gregors Top Tracks 2013, Plätze 10 bis 1:

10 Jagwar Ma – Four
09 Nick Cave & The Bad Seeds – Mermaids
08 Darkstar – You Don’t Need A Weatherman
07 Phosphorecents – Song for Zula
06 Daft Punk – Doin‚ It Right (feat. Panda Bear)
05 Mutual Benefit – Advanced Falcony
04 Austra – Painful Like
03 Tom Odell – Another Love (Zwette Edit)
02 William Onyeabor – Good Name
01 Daft Punk – Get Lucky

Zum Nachhören über folgende Youtube-Playlist (1x nur als Remix und teilweise GEMA-geblockt, sorry):

Die besten Alben 2013 – Plätze 2


Rolands No. 2:

Jon Hopkins – Immunity
(Domino / Goodtogo)

Im Sommer 2013 sah ich einen Stern explodieren.

Okay, das ist ein wenig übertrieben, aber im Sommer 2013 war ich in Südfrankreich, wo der sternenreichste Nachthimmel Westeuropas zu bestaunen ist. Und so lag ich dann auch eines nachts auf einer Terrasse und staunte den Himmel an. Satelliten zogen vorüber, die ISS, und dann geschah ein Iridium-Flare – was ungefähr so ist als ob plötzlich ein Scheinwerfer für wenige Sekunden am Himmel angeht.

Auf dem Kopfhörer lief gerade dieses Album – passenderes hätte sich auch kaum denken lassen und so ist es natürlich für immer mit diesem „Whhhooooaaah“-Erlebnis verbunden. Die Space Exploration-Metaphorik lässt sich aber auch insgesamt gut der Musik zurechnen, die sowohl kross fritierten Stampf als auch kandierte Pianofrüchtchen bietet.


Sebastians No. 2:

Vampire Weekend – Modern Vampires of the City
(XL / Beggars / Indigo)

Mal ganz vertraulich: Kann uns heute noch eine Platte in Zustände versetzen wie – wir wollen mal nicht zu weit zurückgehen – 2005? Der Geschmack ist sublimer geworden, man vermisst Maximo Park usw. auch kaum noch bzw. hört sie sich nicht mehr an, aber es war doch sehr, sehr groß, was damals in unseren Gemütern abging. Dass nun ausgerechnet die dritte Platte vom Vampire Weekend, von deren zweiter ich – wohl zu Unrecht – nur das Cover beachtet habe, diese Gefühle bei mir erzeugt, hätte ich nicht für möglich gehalten, da es ja mühselig ist, die Entwicklung von Bands, deren erste Platte man geschätzt hat, zu verfolgen, und man nur auserkorenen Lieblingsbands diese Möglichkeit – wenn überhaupt – gewährleistet. Hinsichtlich „Modern vampires of the city“ hat sich die intuitive Entscheidung, mal wieder reinzuhören, gelohnt: Ein beglückender Hit nach dem anderen saugt dir insofern das Blut aus, als man sich am Ende nicht mehr sicher sein kann, dass wir das Jahr 2013 schreiben!


Gregors No. 2:

DJ Koze – Amygdala
(Pampa Records / Rough Trade)

In einer Partneranzeige würde stehen: »Er sucht sie – ich bin nett, humorvoll, sensibel und unkonventionell«. Das sagt auch einiges über die Musik. DJ Koze, den ich aus einer gewissen Ehrfurcht englisch ausspreche, ist der Weltversteher des Jahres, was freilich nicht für Platz 1 reicht (sonst wäre die Welt ja eine bessere), aber unter dem vielen Klangschönen, was hier die letzten Tage besprochen wurde, mit Sicherheit das Klangschönste ist. Das wunderbare Duett mit Dirk von Lotzow (übrigens Deutschlands bester Sänger und vermutlich der einzige, der jemals Gesangsunterricht genommen hat), das mit Hildegard Knef und die Features mit Matthew Dear, Ada und Apparat. We are family, I got all my sisters with me. »Amygdalam« ist ein kleines Gesamtkunstwerk, ein Autoren-House-Album, auf das man täglich wartet.

Die besten Alben 2013 – Plätze 3


Rolands No. 3:

Moderat – II
(Monkeytown / Rough Trade)

Moderat sind eine Wucht, will heißen: Beats & Bässe haben Wumms (wie immer, wenn Apparat beteiligt ist: staune ich sowieso über die kathedralengroße Weite des Sounds) – komplementär ergänzt durch reichlich Pop Appeal (nämlich: Pop-Platte des Jahres!) und gleichzeitig sind auch noch nicht wenig Garage-Elemente mitreingemengt, eine Mischung, die sich vorher ja auch keiner ausmalen konnte (außer Moderat natürlich).


Sebastians No. 3:

Youth Lagoon – Wondrous bughouse
(Fat Possum / PIAS / Rough Trade)

»Wondrous bughouse« klingt, als ob Beachhouse im Opiumrausch inspirierter geworden ist (vgl. Cover), nur dass man bei Youth Lagoon nicht denken kann, dass die Sängerin ein Mann ist (kurios, wie viele in meinem Umkreis das schon vermutet haben), sondern umgekehrt. Oder: Als ob Animal Collective im THC-Rausch runtergekommen ist. Jedenfalls zieht mich die Musik durch ein Labyrinth synästhetischer, tranceähnlicher Zustände, mal melancholisch-versponnen, mal euphorisch-eiernd, dabei aber immer mit hübschen Melodien aufwartend!


Gregors No. 3:

Jon Hopkins – Immunity
(Domino / Goodtogo)

Da war dieses Musikvideo zu »Open Eye Signal«, das ich besser fand als andere, von dem ich auch behauptete, es sei das beste Skateboard-Video, das ich bisher gesehen habe: ein brennender Reifen, ein Radfahrer, ein Mann mit einer Ziege, das Meer. Keine Flips und auch kein Ollie. Stattdessen Hypnose. Die Tür stand danach weit offen für Jon Hopkins, den ich über diesen Track kennen lernte. Über Techno. Immunity ist allerdings viel mehr als das. Es pumpt zwar häufig und da ist viel Energie im Spiel, es pluckert aber auch genau so entspannt und elegisch, gerade so, dass ein Spannungsbogen draus wird. Und Hopkins arbeitet mit Alltagsgeräuschen: ein Feuerwerk, einen vorbeifahrender LKW, plätscherndes Wasser. Zum Rätseln und Raten.

Die besten Alben – Plätze 6 bis 4


Rolands No. 6:

Chvrches – The Bones of What You Believe
(Vertigo / Universal)

Dass die Band dieses Jahr überall angekommen ist, zeigt sich schon daran, dass mein sechsjähriger Sohn komplett „We Sink“ lautstark & -malerisch nachsingen kann, wenn es aus dem Ipad dröhnt, denn es gehört zum Soundtrack von FIFA Soccer 2014. Der Eingängigkeit und Melodiösität nach auch generell eher FSK 6, der Sound stammt zu nicht geringen Teilen aus eigenen Knirpszeiten, so dass das innere Kind wie folgt darauf reagieren kann: *Hüpf* *Freu* *Hüpf*

http://youtu.be/MvW8cSRUU38

Sebastians No. 6:

Pet Shop Boys – Electric
(X2 / Kobalt / Rough Trade)

Als konsequenter Nichtbeachter von Bands, die schon in meiner Kindheit kommerziellen Erfolg zu verzeichnen hatten, galten für mich insbesondere Pet Shop Boys mein Leben lang als uninteressant und langweilig. Animiert durch eine Rezension im Spex, habe ich mir dennoch ihr neues Album zu Gemüte geführt und es als durch und durch postmodern empfunden, was es verzeihen lässt, dass man sich an bombastischen „Eurotrash“ erfreut!


Gregors No.6:

Baths – Obsidian
(Anticon / Indigo )

»I might walk upright, but then again I might still try to die«. »Obsidian« ist kein lautes Album. Eher ein Hauch von Schnee und Asche, ein leiser Atem zwischen Tellern im Porzellanschrank. Will Wiesenfeld hat eine sehr genaue Vorstellung von menschlicher Gebrechlichkeit, von Dunkelheit und man ahnt es schon: von Verlust. Warum nur klingt seine Musik so schön dabei und so erhaben? Bath-Songs sind zugänglich, melodisch und harmonisch, obwohl es an dieser Stelle klappert und an jener knarzt. Arrangements mit eingebauten Schönheitsfehlern. Unterstützt wird diese Stimmung von treibenden Beats und immer neuen Piano-Motiven. Meine Wild Beasts des Jahres 2013.


ncwsgl

Rolands No. 5:
Laura Marling – Once I was an Eagle
(Virgin / Universal)

Keine Überraschung, dass ich Laura Marlings letztes Studioalbum hier reinwähle. Dieses, ihr viertes, ist vermutlich auch ihr stärkstes bisher. Während bei den vorigen nämlich immer zwei oder drei Stücke für mich ganz besonders hervorragten, ist das hier alles auf gleicher Exzellenz und so passt es auch, dass die ersten Stücke (vermutlich nur scheinbar) in einem Take aufgenommen sind und direkt ineinander übergehen. Insgesamt wurde außerdem das Begleit-Instrumentarium nochmal ordentlich ausgeweitet (Perkussion, Cello, Orgel, etc.).


Sebastians No. 5:

Daft Punk – Random Access Memories
(Columbia / Sony)

Das Konsensalbum meines diesjährigen Jahrespolls stammt von Daft Punk: Eine einmalige Reise, die sich futuristisch in den Disco-Sound der 70er flüchtet und – obwohl Konzeptalbum – ein Kaleidoskop unterschiedlichster eingängiger Songideen darstellt.

http://vimeo.com/69077584

Gregors No. 5:

Machinedrum – Vapor City
(Ninja Tune / Rough Trade)

Es ist eine kleine Sensation, dass mit Baths und Oneohtrix Point Never gleich drei amerikanische Musiker, die der Elektronik- und Produzentenszene angehören, auffällige Alben vorzuweisen haben. »Vapor City« ist der Spielplatz eines Kraftmeiers, der Maschine im Namen trägt, eigentlich aber ein verlorener Romantiker ist. Wenngleich die Erkenntnis so alt sein mag wie das Höhlengleichnis: Vapor City zeigt auch, dass das Spiel mit dem Computer eins ohne erkennbares Ende ist. Da, wo Rock mit fünf Seiten dem Immergleichen vielleicht noch ungewöhnliche Melodien abringen kann, schweift die elektronische Musik mit ihrem Spektrum digitaler Möglichkeiten weit in die Ferne. Was da winkt, ist die Unendlichkeit an Schichten und Klängen, insofern beginnt die Zukunft hier und jetzt, jeden Tag aufs Neue.


Rolands No. 4:

James Holden – The Inheritors
(Border Community / Rough Trade)

Welche Gottheiten hier auch immer angerufen werden – sie spenden Fruchtbarkeit. Schießt ins Kraut, geht durchs Unterholz, ein psychotronischer Initiationstrip und schamanistisches Spektakel. (Tschuldigung, in Trance gehen mir ein wenig die Worte aus).


Sebastians No. 4:

Tocotronic – Wie wir leben wollen
(Vertigo / Universal)

Dass „Wie wir leben wollen“ nun schon wieder meine vorbehaltlose Tocotronic-Sympathie erweckt, hätte ich mir kaum vorstellen können. Der oft erwähnte neue (analoge) Sound hat da für mich aber nur wenig Bedeutung. Er ist weiterhin gitarrenlastig-indieesk, wie die Texte im höchsten Maß erfreuen und die Revolte weiterhin in mir ist. Nur dass sich das Ganze diesmal über zwei Scheiben erstreckt…


Gregors No. 4:

Oneohtrix Point Never – R Plus Seven
(Warp / Rough Trade)

Daniel Lopatin alias Oneohtrix Point Never ist auf dem besten Wege, in die Hall of Fame dieses Blogs aufgenommen zu werden. Nicht für sein aktuelles Album, sondern dafür, was schon war und was noch kommen wird. Dazwischen liegt »R Plus Seven«, ein grundsolides Superalbum, das morgens dein Brot beschmiert und abends das Licht ausmacht. Ein Gefährte für jeden Tag. Die Musik ist wie immer unangestrengt anstrengend, gerade so, als stecke eine digitale Waldameise dahinter: Alles scheint durcheinander, stattdessen ist alles genau organisiert. Eine raffinierte Mischung aus Samples, Brüchen, Rhythmik und Groove.

Die besten Alben 2013 – Plätze 10 bis 7

It’s almost the end of 2013, and it’s time to look back at some of the top albums from the past twelve months.

Den Spaß lassen wir uns auch dieses Jahr nicht nehmen, getragen von gegenseitiger Inspiration, hohen Erwartungen und der Gewissheit, nicht genug davon zu bekommen. (ein bisschen wie Weihnachten). Ein letzter Blick also auf die denkwürdigsten Alben des Jahres 2013, übrigens der 10. seiner Art (wir haben klein angefangen). Merry Listmas!


Suns of Satan - Sidespring

Rolands No. 10:

Suns of Satan – Sidespring
(Father Figure Records)

Suns of Satan aus Dänemark singen auf dänisch, der schönsten Sprache der Welt. Abgesehen davon weiß diese Band und dieses Album zu betören: kommt zwar in dunkler Schleppe, trägt aber auch allerlei zierendes Klingklangwerk. Insgesamt schön ausgewogen & abwechslungsreich. (Das einzige Album im Jahresrückblick, das ich durchs Für-den-Podcastsuchen fand, bisschen schräg eigentlich, denn Für-den-Podcastsuchen nimmt mittlerweile den größten Teil meines Nochhörens ein)


Sebastians No. 10:

Kakkmaddafakka – Six Months Is a Long Time
(Vertigo / Universal)

Bei Kakkmaddafakka handelt es um extrovertierte Norweger, die mit „Six months is a long time“ das geschmackvollste Cover und meine Sommer-Platte des Jahres abgeliefert haben. Sie klingt nach College Boys, die gerade von zuhause ausgezogen sind und deswegen eine Dauerparty veranstalten können.


Gregors No.10:

Pantha Du Prince & The Bell Laboratory –
Elements of Light
(Rough Trade / Beggars Group / Indigo)

Elements of Light ist nur mit einem Notstopp des Fahrstuhls erreichbar, hoch oben im Dachstuhl, wo der Geist sein geheimes Glockenspiel über das Leben wirft. Ein Wow in Rhythmik und Klang. In »The Bell Laboratory« erforscht der Traum- und Technoproduzent Pantha du Prince zusammen mit dem norwegischen Komponisten Lars Petter Hagen Glocken und Geläut im Quadrat: ein 64 Glocken großes Carillon – ein Turmglockenspiel – Röhrenglocken, eine Marimba, ein Xylophon und verschiedene Becken und Klangvasen. »Meine Faszination für die Glocke steckt nicht im Sakralen, sondern in der Physikalität ihres Klangs. Sie bringt die Luft zum Schwingen. Dieser direkte Impuls macht Zeit akustisch und körperlich erfahrbar.«


Rolands No. 9:

The House in the Woods -Bucolica
(Exotic Pylon / Cargo)

Ganz frisch entdeckt und gleich in die Bestenliste. (Das gibt es ja, hörst was & weißt gleich: das wird was mit uns beiden.) Leicht kaputte, eiernde Elektronik, in Schlieren und Schleifen, irrlichtender Ambientspuk sozusagen, der dich immer weiter in den Nebel mit Trauerweidensilhouetten und vorbeihuschenden Geistermädchen lockt. Wird mich noch eine zeitlang verfolgen.


Sebastians No. 9:

Pantha Du Prince & The Bell Laboratory –
Elements of light
(Rough Trade / Beggars / Indigo)

„Black Noise“, Rolands Nummer 1 aus dem Jahre 2010, lernte ich erst mit dem Jahrespoll kennen und schätzen. Danach habe ich sie unzählige Male gehört, oft auf Dauerschleife. „Elements of lights“ ist nun die konsequente Fortführung: Noch mehr (akustische) Glocken, noch mehr Ambient! Der Gegensatz von Waldorflehrer und digitalem Bohemien ist jetzt endgültig aufgelöst. Nichts erweist sich so metaphysisch wie Glocken! Im Übrigen stellte Pantha Du Prince & The Bell Laboratory für mich auch den tränenerzeugenden Live-Act des Jahres dar.


brndbrfrckmm

Gregors No. 9:

Brandt Brauer Frick – Miami
(!K7 Records / Alive)

Musik wie eine Verfolgungsjagd: Leinenanzug, Schnellboot und Flamingos. Oder: Galeere, im Takt der Trommel auf den Schaumkronen der Wellenberge. Nicht zwangsläufig auf dem Wasser, hier macht die Drehzahl die Musik. Die Klangwelten von Brandt Brauer Frick bedienen sich eines klassischen Instrumentariums. Der Einsatz von Streichern, Pianoläufe, Harfenklang, Tuba, Violine usw. – all das zielt auf eine Simulation von Techno. Gewiss war es anfangs sehr schwer, die Unruhe, die Nervosität, die vielen Ideen. Am Ende dann aber: a bout de souffle – völlig außer Atem.


Rolands No. 8:

My Bloody Valentine – m b v
(Mbv Records / H’art)

Die Könige des Eierns. Schon immer, jetzt wieder. Mir fällt jetzt spontan keine Band ein, auf die sich so eindeutig ein Genreursprung reduzieren ließe. Wir alle haben diverse Shoegaze-Bands gehört und es waren zweifellos auch einige gute dabei. Dann hörst du die ersten beiden Stücke dieser Platte, die gefühlt achtundneunzigtrillionen Mal angekündigt war und geschätzt 112 Jahre nach „Loveless“ nun endlich erscheint und es zeigt sich: niemand eiert so schön wie My Bloody Valentine und du fragst dich, wie kriegen die das nur hin und wirst zurückgeflasht in unsere Zivildienstwohnung (mit Gregor, Sebbl, mir, anderen) wo im nursery room der Gitarrenaltar hing und wie da nahezu andauernd diese Gitarrenpassion auch lief. Die restliche Platte bietet auch noch viel schönes, aber der Auftakt…


Sebastians No. 8:

Mount Kimbie – Cold spring fault less youth
(Warp / Rough Trade)

Das überraschendeste Album in diesem Jahr, betrachtet man den Wandel zum Vorgängeralbum, stellt für mich „Cold spring fault less youth“ dar. Statt synkopierter Stimmsamples hört man nun auch echte Instrumente und Gesang und folglich auch songähnliches! Die Mischung erscheint so warm und cool zugleich, dass man diese Platte zu jeder Jahres- und Tageszeit hören kann!


Gregors No. 8:

Arcade Fire – Reflektor
(Sonovox / Vertigo / Universal)

Der Glaube an Arcade Fire ist das Ergebnis einer jahrelangen Kettenreaktion von Energie. Jedes ihrer Alben erzeugte bisher ein helles Nachglühen, das einen noch größeren Knall auslöste. Auf ihrer nunmehr vierten Platte schwingt die Band um Win Butler mehr Hüfte denn je. Arcade Fire mussten sich verändern, das war lange klar, alleine Disco ahnte keiner. Stilprägend erweist sich vor allem die Mitarbeit von James Murphy, dem Schöpfer von Arcade Fires Lieblingsband LCD Soundsystem. Irgendwo zwischen Euphorie und einem klaren High, Murphy-Patterns und neonfarbener Bibeltreue, deutet Reflektor vor allem auf eins: Hier klingt die wichtigste Band einer ganzen Dekade.


Rolands No. 7:

The Polyphonic Spree – Yes, It’s True
(Cherry Red / Rough Trade)

Hier weiß ich selbst nicht, wie ich das alles jetzt finden soll. The Polyphonic Spree gibts ja schon eine Weile und immer kamen die mir mit ihrem bescheuertem Lebensbejaher- und Hippietum – eventuelle Ironie hin oder her – nunja: bescheuert vor. Aber irgendwie: ich konnte mich diesmal nicht entziehen. So Gardinen überziehen und dann gemeinsam beseelt von „Du bist einzigartig“ / „Recke deine Hände zur Sonne“ glückssingen hat doch auch was. Jedenfalls: zwar ist dies verdächtig gute Laune Musik, aber was ist heutzutage schon unverdächtig, oder?


Sebastians No. 7:

These New Puritans – Field of reeds
(Infectious / PIAS / Rough Trade)

Das schönste Album in diesem Jahr stammt für mich von These new Puritans. Was man hier hört, klingt nach Kammerorchester, Jazz, Peter und der Wolf, Minimal, Elektro, Ambient, Post-Rock, Pop usw. Die Lieder erstrecken sich bisweilen lang über unterschiedliche Stimmungsnuancen durch manträhnlichen Gesang unterstützt; dunkle Wolken ziehen vorüber, Nebel entsteht, ein Augenblick Sonne, dann ein Regenbogen…


fltngcffn

Gregors No. 7:

Thee Oh Sees – Floating Coffin
(Castle Face)

Stampf und Brei, was da Thee Oh Sees mit feinstem Lärm ersinnen. Nie unbehaglich und nie unüberlegt. Since 1997. John Dwyer als Soloprojekt, mit den Jahren dann plus Mitstreiter, die ja auch von etwas leben müssen. Und was, wenn nicht gut geprügelter Rock’n’Roll, eignet sich besser als Broterwerb? Übrigens seit Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau.

Crustypunks

Image © by Steven Hirsch

Image © by Steven Hirsch

»We’re all poor, white trash squatters, scum fucks, losers, throwaway kids.«

If you are walking through New York’s East Village, you may find a group of street wanderers. These, photographer Steven Hirsch says, are the Crustypunks. He started a project several years ago to capture candid portraits, letting them tell their stories. Here is one of them:

»My father was an attempted cop killer, he was doing twenty years to life for shooting a police officer three times. He was serving five years in CCI corrections and my mother met him visiting my uncle who was an incarcerated Hell’s Angels. As my mom would tell you, she fucking fell in love with a felon. Got a petition with three thousand signatures on it and got my dad released in five years served, five years probation. He got out impregnated my mom. I was born two months premature and I was dying.

I got into punk rock music and squatting when I was thirteen years old. By fifteen I had been in jail, was kicked out of high school and I had a son on the way. In two thousand one, January third, my son Seth Alan Parker was born. At that moment I knew that I would never stick a needle in my arm or ride a train or ever do anything that would ever threaten me being there for him. I’ve traveled all over America, just not on trains. I’ve stayed in the dirtiest squat houses. I’ve cried over dead friends. I’ve cried over live friends. When I was eighteen years old we started a crew, it’s called the Dirty South Crew. We’re all family. We’re all poor, white trash squatters, scum fucks, losers, throwaway kids. Some of my friends died from overdoses. Some of them killed themselves. Some of my friends are still alive and wish they were dead. Sometimes I feel like I’m the only one left that’s still normal. I look around me and just see all this disease and drugs and just hopelessness.

I don’t see these racists, these capitals, these sexist, these homophobes, these class action you know yuppies tearing us apart. I really hope all these kids stop sticking needles in their arms and start putting ideas in their fucking heads cause they’re losing their souls and it’s breaking my heart.«

In Dreams

In Dreams is an experimental documentary that visualises the dreams of ordinary individuals. Director Samuel Blain asked four people to discuss their most vivid, memorable dream.