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cocoon club

Dammbruch mit Deichkind

Da war es, das Konzert des Jahres, behaupten zumindest zwei meiner drei Begleiter und ich, gespielt von den Hamburger HipHop-Punks Deichkind. Ort des Geschehens (der Aufstand blieb leider aus) war paradoxerweise das Schlaraffenland selbst, der Frankfurter Cocoon Club. Bouncen war an diesem Abend angesagt, und zwar im großen Stil. Von den geschätzten 600 Zuschauern standen eigentlich nur drei Leute rum, Dave, Stephan und ich nämlich, mit versteinerter Miene und offenem Mund. Der Rest verbrachte seine Zeit zu gleichen Teilen in der Luft wie auf dem Boden. Seit Motions »Friteuse- und Frittenfett-Performance« anno ’91 (neben Schorsch Kamerun und Rocko Schamoni stand damals eine weitere Person auf der Bühne, die Pommes frittiert hat) warte ich nun schon darauf, endlich mal wieder mit etwas ähnlich Eigenartigem konfrontiert zu werden, einem crowdsurfendem Sofa etwa. Was für ein Bild! Wer ein Sofa in die Menge wirft, hat alles kapiert. Leute, was geht’n? Ein SOFA! Der Heimtrainer war aber auch nicht schlecht, dann das schwungvolle Fahnenschwingen (mit »Yippie Yippie Yeah«-Bedruckung) zum beifallumrauschten Remmidemmi. Unfassbar gekonntes Parolieren. Deichkind machten ihre Sache gut. Sie sind bezaubernd, echte Leitwölfe. Das Tempo wurde durchgängig von den Mitteln bestimmt, z.B. gab es da plötzlich dieses eigenartige Sprunggerät namens Pogo-Stick (!). Aus Entenhausen kennt man das. Zum Auf- und Abhüpfen gedacht. Zum Auf- und Abhüpfen. Große Kunst. Applaus von alles Seiten. Auch dafür: Pyramidenhüte, Konfettipistolen, Zorromasken, Fächer, Trimm-Dich-Stufen, Luftpolsterfolienanzüge, Skeletton Daftpunk Imitation, Reishüte, Kissenschlacht, Wunderkerzen, Nebel, dicker Männerbauch, blonde Frauenperücke, Halogen-Voodoo-Skelette usw. usf. Man muss deswegen nicht gleich wahnsinnig werden, aber man kann es, wenn man will. Nur eins war an diesem Abend für’n Arsch: das Cocoon-Club-Personal, von der Tür bis zur Bar. Ganz schwach. Und jeder hat’s gesehen.