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Die Ideen der anderen

Künstler, Konsumenten und die Musikbranche. Die in den Medien geführte Debatte über Internet-Piraterie, diesmal mit einem interessanten Beitrag im Tagesspiegel: »Die Ideen der anderen – Internet-Piraten gegen Copyright-Magnaten: kleine Einführung in die Ideologie des digitalen Freibeutertums« von Jens Mühling

[…] Zwei Fronten stehen sich gegenüber. Auf der einen Seite: Musikkonzerne, Filmstudios, Verlage und andere Unternehmen, die ihr Geld […] mit den Ideen anderer Menschen verdienen. Auf der anderen Seite: Millionen von Internetnutzern, die dieses Geschäftsmodell systematisch untergraben. Es ist ein asymmetrischer, unübersichtlicher Krieg. Ausgelöst hat ihn ein technologischer Entwicklungssprung, der den Unterhaltungskonzernen zunächst als Königsweg der Profitmaximierung erscheinen musste: die Digitalisierung. Sie hat es ermöglicht, Kulturerzeugnisse mit minimalem Kostenaufwand in verkaufsfähige Einheiten zu stückeln, sie unbegrenzt zu vervielfältigen und ohne herkömmliche Logistik rund um den Erdball zu verteilen. Die Unterhaltungsindustrie hat die Entwicklung dieser Technologie vorangetrieben – und sich damit ihr eigenes Grab geschaufelt.

Inzwischen nämlich stellt sich die Frage, wer eigentlich eine Industrie braucht, deren Produktionsleistung jeder Laptop beherrscht. Ist das Rohmaterial eines Kulturerzeugnisses erst einmal in Umlauf gebracht, kann es heute jeder Internetnutzer am Computer in ein konsumfähiges Produkt verwandeln. Wenn sich aber der industrielle Arbeitsaufwand der Verteilung und Vervielfältigung auf wenige Mausklicks beschränkt – warum soll dann der Konsument Geld für eine Leistung bezahlen, die er selbst erbringen kann? Mag dem einen oder anderen Internetpiraten unwohl beim Gedanken an die Künstler sein, die hinter dem Kulturprodukt stehen, so ist ihm die Daseinsberechtigung einer kulturveräußernden Industrie kaum zu vermitteln.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 30.06.2009)

Ein Gedanke zu „Die Ideen der anderen“

  1. Das lässt sich schön lesen und leuchtet auch unmittelbar ein, bleibt aber letztendlich zu kurzsichtig. Die Grundidee eines Labels z.B. ist zwar im Wesentlichen einerseits die Distribution, aber eben auch die Aussortierung aus dem Wust des Mittelmässigen, eben das Besondere zu fördern, zu promoten und eine besondere Kristallisationsmenge herauszuarbeiten. Wider Erwarten existiert auch eine nicht unerhebliche Menge an Musikern, Bands, die eine Beratung und Begleitung seitens professioneller Musikfirmen wünschen und benötigen und wenn es auch nur darum gehen mag, dass sie durch gezielte Marketingmassnahmen einen besonderen Stellenwert in der immer größeren Masse an gut produzierter Musik erhalten.

    Die Diskussion wird erst dann spannend, wenn nicht unablässlich die geldgierigen Musikkonzerne ins Feld geführt werden, sondern auch die unzähligen, rührigen Lables weltweit mit einbezogen werden, die unter der aufgrund der technischen Entwicklung entstandenen Krise en gros genau so leiden, wie die Kraken EMI, Universal, SonyBMG und Warner.

    Stop all Stammtischparolen, her mit der Kulturflatrate, die derzeitig die einzige Lösung für die systemimmanente Krise zu sein scheint!

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