Betrachtet man die vielen Rezensionen, die in der seriösen Tagespresse zur neuen Scheibe von Rocko Schamoni (& Little Machine) erschienen sind, fällt auf, dass ihr Sachgehalt vornehmlich mit Bezug zum Autor selbst und der Tatsache, dass es seine letzte Platte sein soll, und mit Verweis auf Abstraktes, z.B. mit Assoziation zu Adornos Negativer Dialektik, besprochen wird. Von der Musik selbst ist kaum die Rede, was wohl daran liegt, dass sie nur den unauffälligen und lediglich passend erscheinenden Hintergrund zum Gesang herstellt: Hamburg sei hier nämlich Memphis, Tennesse; bisweilen mit Ohrwurmqualitäten, kann man noch hinzufügen. Wie steht es nun aber konkret um die Texte? Zum einen gibt es solche, die mit Wesentlichem, die Liebe Betreffendes, aufwarten. Ähnlich wie in »Dorfpunks« wird mit diesem Thema fast schon befremdlich ernst umgegangen, manches klingt gar kitschig: »Liebe heißt abzugeben«, »Liebe kennt keine Grenzen«, »Die Liebe kam und hat uns eingefangen, denn wir sind die Ehe eingegangen« heißt es in diversen Liedern. Das Gegenteil des Vorgetragenen schwingt hier nicht dialektisch mit. Dann gibt es Lieder, die Lebensweisheiten verkünden, die genauso richtig wie auch selbstverständlich sind, beispielsweise in »Weiter« (»Die Zeit ist gnadenlos / Das Chaos ist virtuos / Gott ist ein Fabrikat, das keine Wirkung hat […]«), »Muster« (»Ein richtiges Leben / ich kann es nicht finden / Ein richtiges Leben / in einer falschen Welt […]«) oder in »Zu dumm um frei zu sein« (»Der Lohn, den ihr kriegt, hat symbolischen Wert […]«). Ironie schwingt nur selten mit, manchmal bei der Art des (z.T. weiblichen) Backgroundgesangs und in wenigen Textpassagen (z.B. »Liebe heißt abzugeben […] drum legt die Leinen los«). Selbst, wenn man ganze Songs autobiographisch auffassen kann, wie das recht witzige »Jugendliche« (»Ihr seid Jugendliche / Wer soll euch vor euch beschützen? / Wir bestimmt nicht / Wir haben schon genug Ärger mit den Rentnern […]. Seid ihr Punks, oder was? […] Ihr seid wahrscheinlich Verbrecher.«) oder »Tiere in der Großstadt« (»Wir waren fremd für euch in unserer Weise, man konnte von uns profitieren, doch unsere Art zu leben, schien euch verdächtig […]«) bedeutet das Gesungene nichts anderes als sich selbst. Rocko Schamonie ist also wesentlich weniger verschroben als beispielsweise Blumfeld oder PeterLicht. Ähnlich wie er in »Dorfpunks« oder Heinz Strunk in »Fleisch ist mein Gemüse« wird nämlich bloß der Mensch – sozusagen pop-existenzialistisch – in seiner Geworfenheit und damit partiellen Ausweglosigkeit dargestellt. Der Ernst erscheint recht befremdlich und ob es eine tolle, recht unauffällige, stilvolle Scheibe für 30- bis 40-jährige ist oder nur eine »Sternstunde der Belanglosigkeit«, die sich kaum von Udo Jürgens unterscheidet, kann ich auch nach mehrmaligem Hören nicht ganz beantworten.
Rocko Schamoni & Little Machine – dito (Trikont)
Boah, wat langweilig, die Platte – so mein Fazit.
Gib ihr eine Chance! 3 X 4 Mal hören täte dem Album ganz gut.
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