Die besten Alben 2011 – Plätze 10 bis 8
Machtdose-Leser:innen! Es ist wieder soweit. Wir präsentieren unsere Lieblingsalben aus diesem Jahr. Wie es die Tradition nun schon länger will, mit den jeweiligen Platzierungen der Machtdose-Assoziierten Gregor, Roland und unserem treuen Gastautor Seb. Los geht es mit den Plätzen 10 bis 8.
Ein warmer, gefühlvoller Innenraum ist das, ein »Space«, der uns vor überharten Witterungseinflüssen schützt. Tastenmusiker Jaar hatte wohl schon häufiger mit Geräuschkeksen zu tun und bekommt trotzdem keine Probleme mit dem Gewicht. Selbst der Vocoder darf hier ran, ohne zu nerven. Schöne 10, die gespenstig viele Background-Einsätze hatte. Im Akademiker-Jargon als »anspruchsvolle elektronische Musik« bezeichnet.
Dass ich mir die neue Death Cab For Cutie überhaupt angehört habe, ist schon recht erstaunlich, doch etwaiger Kommerz hin, Zielgruppenmusik her, Fakt ist, dass die elf Titel (inklusive so mancher schöner Hymne) ein unerhört stimmiges Indie-Pop-Bild ergeben.
Beginnt superknalleristisch mit zwei Songs, die ineinander übergehen. Bliebe es bei dieser Qualität, wer weiß, wo das Album in meiner Liste noch gestanden hätte. Der Rest ist auch nicht übel, man muss aber wissen: das ist eine Genreplatte. Shoegaze ist was man bekommt. Hat sich ja als Nische in den letzten Jahren wieder neu etabliert und habe ich eine Schwäche für. Im Unterschied zu den meisten Vertretern durchschreiten I Break Horses aber auch das komplette Genre und nehmen alles, was es hergibt: von den Krachwänden, die sich hübsch aufeinanderstapeln, zu leicht eiernden Soundschleifen bis rüber zum traumverhangenen Frauenhallgesang.
Hellstehende Melancholie und hektargroße Synthieflächen – der Schlafzimmermusiker Ernest Greene hat bewiesen, dass heutzutage eine elektrische Zahnbürste reicht, um ein Album einzuspielen. An den schnellsten Stellen reitet Washed Out ein Pferdchen, sonst geht’s eher Barfuß den Strand entlang. »Amor Fati« ist übrigens meine heimliche Single des Jahres und auch peinlichstes Lieblingslied. Das Pathos schlägt sogar den Zauberstab von Harry Potter. An sein zwölfjähriges Kind zu übergeben, wer auf künstlerische Früherziehung wert legt oder verhindern möchte, dass es mal mit Geld arbeitet.
Erschien mir das Debütalbum Bon Ivers zunächst zu eremitisch, so dass ich mich erst einmal von einem grandiosen Haldern-Live-Act (mit Band) überzeugen lassen musste, lag der Nachfolger bei mir gleich auf Dauerschleife. Er erweist sich als ein einziger großartig-flirrend-psychedelischer Erguss, der zwar strukturierte Songs zu bieten hat, von denen man am Ende (außer „Beth/Rest“) jedoch kaum noch einen unterscheiden kann, denn es gilt: Das Gesamte zählt! Perfekt produziert und dennoch zerbrechlich!
Musik, die von vorn beginnt. Sich dabei um keine Vorgaben schert, sondern nach allem grapscht, wie und wo es halt rumliegt, ab in den Mund damit, Matschen, Panschen & Manschen. Wie bei 4jährigen, die auf umgekippte Waschpulvertrommeln einkloppen – passend dazu eine (geschlechtlich indifferente) Stimme, die mit kindlich-trotzigem Schmackes auftritt. Am Ende liegt das Zimmer wüst da und bleibt unaufgeräumt. Da sollten wir aber mal nicht so strenge sein!
Die Nummer 1 nur auf Platz 8? Nur Blake hat dieses Jahr mehr Wind ins Fähnlein geblasen bekommen. In einer anderen Zeit hätte John Peel seinen Segen erteilt, heute sagt man pauschal: »critically acclaimed«, also von der Kritik geliebt und an den Charts vorbei. Ein Blogbuster (gibt’s das Wort schon?) im Schloss Lifestyle. Wer sich nach »The English Riviera« keine Designer-Brille zulegt, läuft halt ohne rum.
Der Held meiner Jugend erschuf eine Platte und fast alles klingt darauf so, wie man es sich erhofft hat: Unheimlich (schön) und einzigartig verschroben. Die nahezu 70 Minuten ziehen sich wie eine zähe Masse durch die Gehörgänge und am Ende weiß man nicht, ob man wieder am Anfang ist oder bereits halluziniert. Für mich das beste David-Lynch-Produkt seit „Mulholland Drive“!
Jedem Gitarrenfreund müsste hier eigentlich das Herz aufgehen. Da ist schon eine ganze Menge von einer ganzen Menge anderer Bands drin, die für das eigene Werden mit dem Sound elektrisch verstärkter Gitarren wichtig waren. Dinosaur jr., Pavement, Teenage Fan Club, Sonic Youth, Hüsker Dü – you name it. Schon erfreulich, wie hier die genau richtig justierten Verzerrerlagen angestimmt werden. Ich wusste nämlich höchstens nur halb, wie sehr mir dieser Sound zu fehlen begann. Dass hier kein langweiliges Retrogeeier rauskommt, liegt auch daran, dass Yuck noch einen ganzen Strauß herrlicher Melodeien fanden, die wirklich eingängig sind wie nix.