Kevin Blechdom
Alben, die hintenherum in’s Ohr kriechen, sind mir die Liebsten. Das Album von Frau Blechdom ist so eins. Banjo, überdrehter Gesang, Selfmade-Software in MAX/MSP und Lyrics zwischen Bad Taste und Protest schmieden aus Sound-Molekülen ein komplett eigenständiges Album irgendwo zwischen Nerv und Freude. Da braucht es schon etliche Anläufe, bis man tickt, wo und wie die Musik zusammenpasst. Die hohe Kunst dieses Albums besteht darin, Abwechslungsreichtum mit vielen kleinen Verrücktheiten zu paaren, ohne sich völlig gegen Hörbares zu sperren. Der Hörer begibt sich dadurch Song für Song auf die Suche nach den versteckten Hits.
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Dem Erhalt der tragbaren Cassettenrecorder widmen sich derzeit einige engagierte Spinner, die die zum Rennwagen umfunktionierten Cassettenmaschinen vor drohender Konsumtion retten. Die begeisterten Tonbandanhänger haben Kassettenboliden samt C60- respektive C90-Bänder in ein
Arbeiterlieder – volle Bärte, Wolle, Klassenkampf, contra- und sozio-, Industriemaloche, Gewerkschaftsbünde, Antiästhetik, Protestsong, Kohle und Öl, Stahl und Eisen – die Assoziationskette reißt nicht ab. Widerspenstiges Songwriting, sprich: Volkslieder wider der kapitalistischen Ausbeutung haben in Deutschland wie in anderen Ländern eine lange Tradition. Besungen wurde der harte Arbeitsalltag, aber auch die psychische, soziale und politische Wirklichkeit der beherrschten Klasse wurden lyrisch erfasst: »Die Füße matt, schwarz im Gesicht – Steigen wir ans Tageslicht – Die Sonne blendet, sie scheint so hell – Sie scheint auf eine schlechte Welt.« (Ernst Busch: »Lied der Bergarbeiter«). Legendär ist auch Hans »Spott ist allmächtig« Scheibner mit seiner bissigen Äußerung zu frühindustrieller Produktionsromantik: »Ich mag so gern am Fließband stehn – es bleibt nie stehn und fließt so schön – und alles, was ich mies fand, zerfließt für mich am Fließband – so schön ich das und dies fand, am schönsten ist’s am Fließband.«