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Mai 2006

Der Ball ist rund – heute: Dylanismus

Dass Dylan Einfluss auf mich gehabt haben soll, ist wohl nicht von der Hand zu weisen, wenn’s auch nur um fünf Ecken geschah. Vielleicht gibt die lange Ballnacht von Klaus Walter mehr Aufschluss darüber, wie viel Dylan tatsächlich in mir steckt. Die Sendung verspricht auf jeden Fall interessant zu werden.

Ted Gaier von den Goldenen Zitronen und Jochen Distelmeyer von Blumfeld geben Auskunft über Dylans Einfluss auf ihre Musik. Die Pop-Kritikerin Elke Buhr und der Allround-Autor Klaus Theweleit unterhalten sich über Dylan und die Frauen. Christiane Rösinger von Britta klärt auf über den Quälgeist an der Mundharmonika und die badische Betonung in Dylan-Songs. Adam Green und Conor Oberst (Bright Eyes) widerlegen das Vorurteil, dass man als heute 24-Jähriger mit Dylan nichts anfangen kann. Thomas Meinecke erzählt, wie er mit seiner Band FSK Dylan-Songs interpretiert. Und Greil Marcus und Diedrich Diederichsen reden auch über Dylan.

Die lange Ballnacht rund um Bob Dylan – Sonntag, 14.5. 23 Uhr bis Montag 15.5. 3 Uhr – hr3 – zum Stream

Entrevues

Die letzten Tage in Frankreich verbracht. Da gab es dieses eigenartige, pralinesk-galaeske Magazin, das mich in der Wohnung unseres Gastgebers verfolgt hat, ein bisschen Boulevard, vor allem aber jede Menge Unheil, »lustige« TV-Pannen, fettleibige Männer und Frauen (die, die kaum noch stehen können), Gruppensex auf Ibiza, SM-Phantasien, Skurriles in mehr oder weniger jedweder Form und: Titten, Titten, Titten. Ich muss zugeben, dass ich nicht die Finger lassen konnte davon. Noch sonderbarer wurde meine Lektüre dadurch, dass ich kein Wort verstand von all dem. Manches davon schien mir sogar wie Kunst (einige Notizen sind in meinem Konzeptbuch gelandet). Auf der vorletzten Seite gab es die Rubrik »BizarNet«, und da dachte ich mir, ist bestimmt was dabei, hierfür. So dolle war’s dann doch nicht. Irgendwie Zeitverschwendung, aber seht selbst:

· Newsbreakers Medien-Guerilleros, die TV-Reporter bei ihrer Arbeit stören
· Lego Man’s Secret Sex Tape der Name ist Programm
· Mise à  nu angezogen ausgezogen
· Bonobo’s Bongos Jamming Jungle Rhythm Rumble
· Coloribus Gestohlen: Werbung 2 Mal gesehen
· Very Strange Sims komische Häute von komischen Häuten

rotten museumsführer

Auf die Nutzung von Podcasts bin ich noch gar nicht gekommen, dabei ist sie so naheliegend. Nämlich: als Audio-Museumsführer. Museen können diese dann ins Netz stellen und man kann sie sich runterladen und damit in die Ausstellung gehen oder auch nur fürs Ansehen angefixt werden. Sehr gute Idee.

Und hier erst: Johnny Rotten gibt seine Einführung für die Ausstellung AngloMania: Tradition and Transgression in British Fashion im Metropolitan Museum of Art. (via)

Vier Frühjahrsplatten

Vier Platten diesen Frühjahrs, über die nichts mehr gesagt werden müsste, weil eh schon alles dazu gesagt wurde, über die ich jetzt trotzdem und auch gerade deswegen spreche: Zum Beispiel Blumfeld und Verbotene Früchte (Columbia – Sony BMG). Paradebeispiel von zigtausend Rezensionen und bei jeder denke ich: Hä? Darum gehts doch gar nicht! – Nämlich: Geht mir fort mit angeblicher „Naturlyrik“, Quatschomatscho dieses – jaja und dabei kanns doch wirklich keiner mehr hören – „verkopft“ und irgendwas mit „Diskurs“. Das ist vorrangig nämlich erstmal Spaß und Freude. An Sprache und Musik und wie beides zusammengeht. Eigentlich ganz einfach. Der Genuss vom Klang beim Aufzählen von Apfelsorten etwa. Oder die Ode ans O „Strobohobo“, tolltolltoll, denn wie könnte gerade ich Textzeilen wie „und Oblomov malt mit Bob Ross / ich schöpfe aus dem Vollen“ nicht erliegen? Das Lautmalerische und der Humor werden meiner Meinung jedenfalls völlig unterschlagen bisher. Für mich geht das in Richtung Dada, auch mir nahe, denn der ist ja nun gerade nicht einfach „Unsinn“, sondern immer auch Haltung gewesen (nochmals Strobohobo: „die Leute leben wie Schatten mit ihrer Sehnsucht nach Sinn / der Tod ist ein Trick / ich bin was ich bin“) – Das einzige, was ich Blumfeld ein bisschen und wie immer ankreide: wenns sanft wird, dann ists mir eher zu sanft, aber bei den fixeren Sachen bin ich immer mit dabei und die sind diesmal zum Glück Überzahl.
Nächstes: Morrissey – Ringleader of the Tormentors (Rough Trade). Haut gleich in die Vollen, Mr. Visconti als Producer macht auf Dicke und Morrissey, seit ein paar Jahren wieder die coole Socke schlechthin, singt sich da durch. Und die Smiths-Momente, auf die man – ich gestehe es rundheraus- ja dann immer doch letztlich wartet, obwohl es eigentlich unfair ist – sie stellen sich ein, z. B. bei der Single „You have killed me“, noch mehr bei „The youngest was the most loved“ gleich hinterher. Allerdings: wenn Morrissey nicht schlecht ist wie seit zwei Platten wieder, wird er dann aber auch wirklich wieder gut im Sinne von hau-mich-weg-gut? Nein. Was nichts mit ihm zu tun hat. So leid es mir tut, ich bin dem wohl entwachsen, trotzdem ich es immer noch sehr gern höre. Geht aber eher in Richtung Laufenlassen, aber epochemachend, und das war er nun mal für mich, wirds wohl nicht mehr. Versperrte Paradiese vielleicht.
Bei den Yeah Yeah Yeahs bin ich Spätzünder, so hat sich mir die Schönheit ihres Erstlings „Fever to tell“ erst letztes Jahr erschlossen. Warum jetzt wieder die meisten was meinen, was ich gar nicht meine, weiß ich auch nicht. Jedenfalls sehe ich bei Show your Bones fast gar keinen Bruch zum Vorgänger. Die Soundfarbe hat sich kaum geändert und es ist halt ein bisschen ausformulierter alles. Und obwohl eigentlich alles diesmal auch sofort reingeht, vermute ich, dass sich das Vergnügen noch beim öfteren Hören steigert. Im Moment heißt mein Favorit klar „Phenomena“ und ich freue mich auf das baldige Konzert, denn live sind die bestimmt überragend.
Ich hab es irgendwo mal hier schon mal geschrieben: eigentlich hat bisher alles, wo Apparat draufstand, für mich tadellos funktioniert. Und auch diesmal, mit Ellen Allien zusammen, mit der er das Orchestra of Bubbles (Bpitch Control – Rough Trade) startet. Interessant wäre da vielleicht der Vergleich mit „Tesri“ dem Vorjahresalbum von Lippok & Morgenstern, das zu meinen unterbewerteten Alben des letzten Jahres zählt. Jedenfalls – im Gegensatz zu „Tesri“ ist das hier noch ein bisschen treibender (was jetzt nicht unbedingt gleich besser heißt, sondern nur so konstatiert werden soll). Immer dann, wenn ich meine die allientypischen Teile rauszuhören, das sind so typische Beatmuster, von denen ich mir einbilde, dass man die immer wieder bei ihr hört, ohne dass ich die jetzt gescheit beschreiben könnte, find ichs ein bisschen vorhersehbar, aber okay, gleichzeitig kommts mir so vor, als wäre dadurch auch alles ein bisschen konsequenter auf Beat und Vorwärts gebracht, z. B. bei meinem bisherigen Lieblingsstück „Jet“, da sind dann auch die wieder von Apparat her bekannten Rauschflächen im Einsatz. Insgesamt jedenfalls eine sehr schöne Zusammenarbeit und gerne wieder.

Zum Anhören:

Ganz vergessen, natürlich gibts noch Myspace, jeweils mit Liedern von den Platten, und zwar für:

  • Morrissey
  • Yeah Yeah Yeahs
  • Digger Barnes live

    Digger Barnes, Halbwelt-Figur aus Hamburg St. Pauli, gibt sich die Ehre: Mit akustischer Gitarre und sanfttrauriger Stimme wird Barnes morgen Abend das Publikum des Roxi mit schwermütigem LoFi-Folk konfrontieren und den akustischen Tod fordern. Das wird traurig, sehr traurig, aber gut. Wer’s nicht glaubt, kann sich auf seiner Homepage vergewissern. Lohnt sich, beide Lieder sind noch frisch wie der Frühling, wurden überhaupt erst 286 bzw. 144 Mal gehört, sagt zumindest MySpace (listen to »Jim«!!!). Der Mann darf entdeckt werden. Begleitet wird Barnes von VJ Pencil Quincy, der, so die Info, mit Hilfe eines umgebauten Plattenspielers, eines Projektors und den Scherben zerbrochener Hoffnungen den Abend in kaleidoskopische Bilderfolgen hüllen wird. Die DJ-Kabine ist natürlich auch wieder mit Prominenz besetzt: Es freuen sich DJ Elton John und Stella Mirabella.

    Donnerstag, 04.05.06 ab 22.00 – Roxi
    das ROXI befindet sich in der ehemals öffentlichen Toilettenanlage im Maindamm gegenüber dem Isenburger Schloss in Offenbach am Main.