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Kunst

The Herbert Pig

Die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen neben Fernsehen und Radio: Fleisch auf den Rost legen. In der Regel viel Schwein bei 1,50 der Lappen. Die Schweinezucht ist ein hartes Geschäft, die Konkurrenz aus dem Ausland groß. Wir konkurrieren nicht nur mit Kontinentaleuropa, auch England liebt und züchtet das beliebte Nutztier. Matthew Herbert, hauptberuflich Musiker und Hanswurst in allen Gassen, drängt es nun ebenfalls als Schweinefleischerzeuger auf den Weltmarkt. Allerdings nicht mit dem Tier selbst, sondern mit der Musik, die es auszulösen imstande ist. Sein nächstes Projekt beschäftigt sich mit der Geburt, Aufzucht, Schlachtung, Zubereitung und dem Verzehr eines Schweins und dessen Klang. Die Lebendigkeit des Lebens in all seinen Facetten. Sein Blog namens The Herbert Pig wird die Arbeit an dem Album begleiten. In einem ersten Eintrag heißt es:

»In 2010 I will release a record entitled „The Pig“. It will be made up entirely of sounds made during the life cycle of a pig. I will be there at its birth, during its life, present at its death and during the butchery process. Its body will then be given to chefs new and old. There will be a feast. It will all be recorded – and then turned in to music.«

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Hell

Sex, Drogen und nächtlicher Party-Quatsch sind die zentralen Themen der 78 Polaroid-Bilder von Dash Snow. Nah dran, flüchtig, verstörend authentisch und im vertrauten, quadratischen Kleinformat. Kalkulierte Belanglosigkeit, wie sie nur die Sofortbildkamera hinbekommt. You must have a look at tinyvices, a very interesting online gallery and image archive.

Polaroid by Dash Snow
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Haargesicht

Haargesicht. Möglicherweise nach einem geglückten Banküberfall. Auch gut fürs High-School-Jahrbuch.


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(Quelle unbekannt)

Rafts

Ausgangspunkt für die Serie »Raft« des Briten Andy Parker sind unhandliche, überflüssige und ausgemusterte Gegenstände aus dem Keller, gemeinhin auch Sperrmüll genannt. Sessel, Mikrowelle, Matratzen, Tische und Schränke – all das bildet die Vorlage für seine technisch ein wenig dahingeschlampten Skulpturen, die er mit Klebeband, Schnüren, Farbe und Karton erschafft. Soweit so langweilig. Spannend wird die Geschichte in dem Moment, in dem er seine Skulptur zu Wasser lässt und den Kräften der Natur aussetzt. Genau darin nämlich liegt das Geheimnis dieser Arbeit. Ahoi Matrosen.

Spithead by Andy Parker, 2006
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Urban Camouflage

Der subversive Ausdruck, den Militärmode über viele Jahrzehnte hinweg hatte, ist weitgehend verloren gegangen. Das Gros ihrer Träger, die sie zitiert, tut dies heute aus ästhetischem Selbstzweck. Bomberjacken, Militärhosen und Armeehemden sind spätestens seitdem der Mainstream die Trends von Punk, New Wave und anderen Jugendkulturen aufgegriffen hat, auch Teil der Modewelt geworden. Das alles ist ein alter Hut. Neu hingegen ist die hocheffiziente Tarnungsstrategie von Urban Camouflage, die mit ihrer Auslegung von Uniformität eine völlig neue Warenhaus-Ästhetik erschaffen haben. Die Künstler hinter diesem Projekt gehen der Frage nach, wie man sich in öffentlichem, gewerblich genutzten Raum unauffällig oder gar unbemerkt bewegen kann. Orte, die in der Regel vollkommen unaufregend sind, nicht zu übertreffen sogar in dieser und vielerlei Hinsicht. Experiment geglückt, wie ich meine. Stil und Haltung im Gleichgewicht.

Urban Camouflage
Fotogalerie #1

The reactions were different. As before mentioned, we didn’t ask for a permission. Most employees reacted humorously, but we had some trouble with the managment as well and had to quit some actions earlier than we wanted to. The reactions of customers were also very different. Some were interested and tried to touch the costume, others reacted irritated and stayed in some distance. There were also customers who ignored us completely, it seemed like if they just didn’t want to get irritated by us.

by Urban Camouflage
Fotogalerie #2

Urban Camouflage
Fotogalerie #3

(via)

Freeze!

Immer noch unschlagbar: Freeze! von Valentin Beinroth und Florian Jenett. War mal Teil meiner Diplomarbeit zum Thema »Kunst am Rande der Legalität«, die ich 2003 geschrieben habe. Jenett und Beinroth haben neulich ihre Homepage gepimpt und endlich gescheite Bilder ins Netz gestellt. Der Text, den ich damals dazu geschrieben habe, wirkt hier ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen. Momentan geht’s in diesem Land um ganz andere Dinge, Datenschutz, Finanzmarktkrise, Frühlingsgefühle etc. Trotzdem lesen.

Valentin Beinroth und Florian Jenett - Freeze
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»Als besorgniserregend empfanden einige Frankfurter die brillante Aktion zweier Künstler (»Freeze«), die durch das Mitführen von Waffen eine »Störung der öffentlichen Ordnung« verursachten – nur waren die mitgeführten Schießeisen aus Eis. Zuvor wurden etwa 80 Pistolen-Attrappen mit Hilfe einer Silikonform erstellt und im Stadtkern Frankfurts verteilt. Die durchschlagende Wirkung – die Pistolen sahen täuschend echt aus – brachte nach kurzer Zeit die örtliche Polizei auf den Plan, die kurzerhand die gefrorenen Plagiate in Beschlag nahm.

Waren es in den 30er Jahren die Surrealisten, die unter vorgehaltener Waffe Passanten auf der Straße zu erschießen drohten, gilt heute das Gesetz der Diskretion. Mit sicherem Gespür für affektische Verhaltensweisen versahen die Künstler den Stadtraum quasi unbemerkt mit ihren Pistolen, um im Anschluss ihre Wirkung zu beobachten. Die Aktion hatte hohen Symbolcharakter, ist doch das Bedürfnis nach Sicherheit alles bestimmendes Thema derzeitiger Politik. Von einer messbaren Radikalisierung unserer Gesellschaft weit entfernt, ist das allgemeine Sicherheitsstreben in Form des sich überall entfalteten Sicherheitspersonals omnipräsent. Die insensiblen Überwachungsmethoden schaffen in unseren Städten ein Klima der Kontrolle und Repression. Zudem schüren sie Angst vor Verbrechen. Denn hinter einem großen Sicherheitsaufwand müsste man eigentlich eine Bedrohung für die innere Sicherheit vermuten. Insofern ist aus der Sicht der Mehrheitsgesellschaft die öffentliche Sicherheit weiter zu verbessern. Einer Minderheit bleibt es so denn vorenthalten, auf die Gefahren zu verweisen, die die Bekämpfung der Gefahren mit sich bringt.

Das humorvoll inszenierte Bedrohungsszenario der Pistolenfälscher war ein konsequenter künstlerischer Beitrag zum aktuellen Sicherheitsdiskurs. Das Strafverfahren gegen sie wurde schließlich eingestellt. Dem vernehmen der Künstler nach hatte die Aktion, so die Presse, ohnehin keine Bedeutung.« Ende der Besprechung.

Florin Jenett - WÜ-ZP-200
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Jenetts getunter Toyota WÜ-ZP-200 ist übrigens auch nicht zu verachten. Mit großem Proll-Spoiler an Front und Heck, damit der Wagen auch bei 200 Sachen auf die Straße drückt.