Die besten Alben der 2000er part II
Unter den Voraussetzungen, dass Musik die schönste Hauptsache der Welt ist, die 0er-Jahre in dieser Hinsicht besser als die mauen 90er waren und Listen – wie jede/-r Archäologe/-in weiß – eine anthropologische Konstante sind, muss die Bedeutung eines 0er-Dekadenpoll wohl nicht mehr in Frage gestellt werden. Zudem gibt es ja mal kaum etwas Schöneres als so etwas Schnelllebigem wie Unterhaltungsmusik Ewigkeit zu verleihen. Dafür habe ich mir erst einmal alle Langen, die in Fragen kommen, notiert. Wichtigste Auswahlkriterien: Wie oft gehört? Wie konstant gehört? Eine Lange, die nicht auch noch in den Nachfolgejahren bisweilen aufgelegt wurde, hatte keine Chance. Dann wurden alle nacheinander angehört und notiert, was ich dabei empfinde, so dass ich ein recht objektives subjektives Ranking gestalten konnte. Bands, von denen man vornehmlich einzelne Lieder abgefeiert hat (bei mir z.B. Tocotronic), respektive mit einigen konstant guten, aber nicht alles überragenden Langen (z.B.: dEUS, I am Kloot oder The National), oder qualitätsvolle Lange, die man damals so oft gehört hat, dass man sie einfach in den Jahren danach nicht mehr hören konnte (z.B. »A certain trigger«, »Franz Ferdinand«, »Silent Alarm« oder »Stars of CCTV«), hatten bei diesem Auswahlverfahren freilich das Nachsehen. Welch großes Pech für sie! – Und noch eine Bitte: Pollt doch jetzt auch mal rein!
SEBASTIANS Best of 2000er
1. Hot Hot Heat – Elevator [Sire/Warner] (VÖ: 04.04.2005)
New Wave hin, Retro-Punk her – diese Platte ist die einzige mir bekannte mit 13 Hits in Folge. Da ist nix mit Trübsinn! Man fragt sich aber, wie man durchgehend so hyper sein kann, ohne zu nerven. Liegt wohl an dem Melodienreichtum! Da schunkelt das Haupt, da vibriert der Fuß, da liegt man sich in den Armen. Gute Laune ist Hot Hot Heat!
2. PeterLicht – Lieder vom Ende des Kapitalismus [Motor/Warner] (VÖ: 28.04.2006)
»Der Kapitalismus/Der alte Schlawiner«, »Al-kaida-Ortsverein«, »Benimmunterricht«, »Wettentspannen« – diese Begriffe und noch viel mehr sind mittlerweile fester Bestandteil meines Alltagsvokabulars, und zwar nicht nur, weil sie an sich schon interessant sind, sondern weil sie in Tonfolgen eingebettet sind, welche die Neurotransmitter extrem anregen. Mit dieser Platte leg ich mich nieder, um mir einen Traum einzufangen, und der Rest ist Hobby.
3. Interpol – Antics [Matador/Labels/EMI] (VÖ: 27.09.2004)
Es gibt ja sowohl die »Turn-on-the-bright-ligths«-ianer/-innen als auch die »Antics«-ianer/-innen. Ich bekenne mich hiermit zu letzteren. Denn ist man mit dem sperrigen Album erst einmal über dem Berg, versteht man, was an Interpol besonders ist: Die Erhabenheit, die trotz salonreifer Begradigung des Erbes entstanden ist.
4. The Thermals – More parts per million [Sub Pop/Cargo] (VÖ: 04.03.2003), Fuckin A [Sub Pop/Cargo] (VÖ: 14.06.2004)
Wodurch stechen die so gnadenlos uninnovativen Thermals, von deren ersten beiden Platte eine zu bevorzugen töricht wäre, heraus? Wohl durch Melodien und Zorn. Letzterer offenbart sich kraft der Stimme des Sängers und des damit verbundenen – gegen jegliche Vernunft ankämpfenden – nostalgischen Gefühls, dass es sich hier um eine Band handelt, die es ernst mit ihren Prinzipien meint. Angeblich 60 $ Produktionskosten für das erste Album sprechen jedenfalls für sich.
5. Naked Lunch – This atom heart of ours [Louisville/Universal] (VÖ: 19.01.2007)
Wie schon einmal gesagt, die herrlichste mir bekannte Pop-Scheibe! Warum beachtet die kaum einer, obwohl man nach ihr doch süchtig werden kann und die unfassbar überzeugend ernsthaft vorgetragene Weltumarmung einem schier die Schuhe auszieht? Wenn es mir einmal nach allgemeiner Verbrüderung ist, dann jedenfalls mit dieser Platte.