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rocko schamoni

Tag der geschlossenen Tür

Schocko Ramoni, Pudelboy, Schlagerpoppionier, Underground-Lifestyle-Chronist und einer der letzten Romantiker im Hanseeck, hat einen neuen Roman geschrieben: »Tag der geschlossenen Tür«. In einem aufregend ehrlichen Gespräch mit TAZ-Redakteur Oranus Mahmoodi äußert er sich zu Themen wie Gentrifizierung, seiner Mainstreamnähe und seinem Verhältnis zur Hochkultur, in einem anderen zu seiner Wahlheimat Hamburg (»Auf dem Land kriege ich Panik«). Andere setzen mit so viel Offenheit ihre Karriere aufs Spiel. Das liest sich schön und hat Vorbildcharakter. Ende Januar ist er für gleich zwei Lesungen im Mousonturm.

Rollo Aller! 4

Es ist soweit. Rollo Aller! 4 kommt in die Kinos, zumindest in eins. Samstag feiert der Film Premiere, und zwar im Metropolis-Kino in Hamburg. Aus der heutigen Pressemitteilung von Nobistor: »Achtung, es gibt einen vierten Teil der geilen, staatskritischen und rockverherrlichenden Reality-Saga ‚Rollo Aller‘, wo da diese beiden Typen auf ihrem Weg Richtung Freiheit so einiges, aber hallo, erleben und – Moment, vierter Teil? Häh, was is los? Wo doch der dritte Teil nie erschienen ist? Doch, Alter, los ist das hier

Wer jetzt nicht weiß, um was es geht, sollte sich schleunigst auf den aktuellen Stand der Dinge bringen. Teil I und II gibt es nämlich hier:

Rollo Aller – Teil 1 / Teil 2
Rollo Aller II – Teil 1 / Teil 2 / Teil 3 / Teil 4

Und weil man’s besser nicht schreiben kann, hier noch mehr Pressetext:

Wir klären auf: 1990 drehten Rocko Schamoni und Reverend Ch. Dabeler ihre erste Hommage an Hark Bohms 70er-Meisterwerk »Nordsee ist Mordsee«: »Rollo Aller«, benannt nach dem Tick eines alten Schamoni-Kumpels, sich bei jeder spannenden Geschichte ein imaginäres Rollo von der Stirn über die Augen zu ziehen. Das Jahr 1992 sah gar den zweiten Rollo-Teil, der unter Cineasten wie Menschen ebenso gut ankam und in Hamburg weltweiten Erfolg hatte.

Beide Filme spüren dem zielstrebigen Leben der beiden Hängertypen Eule und Daddel nach, die auf ihrem Weg »Raus aus der Gesellschaft – Rein in den Rock!« keinen Drogen-/Gewalt-/Glücksspiel-Napf unberührt stehenlassen, in den man tappen kann auf dem Weg zum Beispiel nach Hongkong. Dort wollen sie Bruce Lee sein Grab besuchen, kommen aber nur bis Berlin. Siehste, Dummkopf! Ey!

Die Regie führte bei beiden Teilen Henrik Peschel, ein ehemaliges Kind seiner Eltern, der sogar 1994 einen dritten (angeblich verstärkt intellektuellen) Teil drehte, ihn aber seitdem in einer Schublade vergammeln lässt, die nur er aufkriegt. Eule und Daddel wollen aber, dass es weitergeht! Und sie haben auch mindestens eine Idee, wie: Sie machen nämlich in Teil 4 einen Beachclub auf!

»Freiheit« soll er heißen und in Wilhelmsburg liegen, wo Eules Oma wohnt. Die beiden klauen also eine Barkasse, dazu ein paar Bänke und
hoffen auf die ganz große Kohle. Ihr Beachclub ist eine Festung gegen den Wahnsinn – bis der Überwachungsstaat, also die Bullerei, auch diesen bedroht. Aber mit Witz, Verve und erotischem Feingespür wissen die beiden Helden sich zu Wehr zu setzen. Logisch!

Rollo Aller – Der Abend · Samstag 4.10.2008 ab 21:15 Uhr · Metropolis-Kino · Am Steindamm 54 · Hamburg

Die komplette Saga wird gezeigt: Die legendären Teile 1 und 2, Fragmente aus dem nie fertiggestellten Teil 3 und — als Premiere! — der neue Teil 4!

Palminger-Edit

Jacques Palmingers »Die ‚Henry‘ Maske« hatte Biss. Die Gurkenmaske, die Wanderhode, dazu der Gummifinger, der Froschkönig und all die anderen saftigen Beschimpfungen. So gemein und ungemein unterschwellig. Jetzt einen Studio-Braun-Edit mit Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Josef Ostendorf in den Nebenrollen entdeckt. Ein Ausschnitt aus den »Berliner Gesprächen«, einer ungezwungenen und lockeren Talkrunde mit großer Schimpfsprech-Performance. Hat hohen Unterhaltungswert. Rotzfrech, affengeil und kackenlustig, wie es an anderer Stelle heißt.

Jacques Palminger – Fick Dich, Henry Maske (Studio Braun Edit)

PlayPlay

Dorfpunks – der Film

Entschuldigung, es ging nicht anders. »Dorfpunks« kommt in die Kinos. Schamonis Bestseller hat es geschafft. Bereits als Jahrgangslektüre der Oberprima etabliert, wird 2008 das Jahr des norddeutschen Heimatfilms. Tragikomische Provinzkomödie um Schmalenstedt und seine Ureinwohner. Wenn alles gut geht.

Moritz Bleibtreu spielt Rocko als rotzfrechen Dreikäsehoch, Heino Ferch gewohnt anpassungsfähig den umtriebigen Partyschaum und Gaststar Kai Hawaii gibt Campino, der aber gar keine Rolle im Drehbuch hat. Der sehr bekannte Pinseltäter und ehemalige Punk Daniel Richter zeichnet sich verantwortlich für die »Atmo« und bricht den sonst zu boulevardesken Spirit des Streifens immer wieder hart mit seinem Top-Themen Tod, Elend, Hunger, Durst und Deutschland — insgesamt sicher ein Projekt, das 2008 in allen Schnösel-Internetportalen rauf und runter gestreamt wird.

Rocko Schamoni & Little Machine

Betrachtet man die vielen Rezensionen, die in der seriösen Tagespresse zur neuen Scheibe von Rocko Schamoni (& Little Machine) erschienen sind, fällt auf, dass ihr Sachgehalt vornehmlich mit Bezug zum Autor selbst und der Tatsache, dass es seine letzte Platte sein soll, und mit Verweis auf Abstraktes, z.B. mit Assoziation zu Adornos Negativer Dialektik, besprochen wird. Von der Musik selbst ist kaum die Rede, was wohl daran liegt, dass sie nur den unauffälligen und lediglich passend erscheinenden Hintergrund zum Gesang herstellt: Hamburg sei hier nämlich Memphis, Tennesse; bisweilen mit Ohrwurmqualitäten, kann man noch hinzufügen. Wie steht es nun aber konkret um die Texte? Zum einen gibt es solche, die mit Wesentlichem, die Liebe Betreffendes, aufwarten. Ähnlich wie in »Dorfpunks« wird mit diesem Thema fast schon befremdlich ernst umgegangen, manches klingt gar kitschig: »Liebe heißt abzugeben«, »Liebe kennt keine Grenzen«, »Die Liebe kam und hat uns eingefangen, denn wir sind die Ehe eingegangen« heißt es in diversen Liedern. Das Gegenteil des Vorgetragenen schwingt hier nicht dialektisch mit. Dann gibt es Lieder, die Lebensweisheiten verkünden, die genauso richtig wie auch selbstverständlich sind, beispielsweise in »Weiter« (»Die Zeit ist gnadenlos / Das Chaos ist virtuos / Gott ist ein Fabrikat, das keine Wirkung hat […]«), »Muster« (»Ein richtiges Leben / ich kann es nicht finden / Ein richtiges Leben / in einer falschen Welt […]«) oder in »Zu dumm um frei zu sein« (»Der Lohn, den ihr kriegt, hat symbolischen Wert […]«). Ironie schwingt nur selten mit, manchmal bei der Art des (z.T. weiblichen) Backgroundgesangs und in wenigen Textpassagen (z.B. »Liebe heißt abzugeben […] drum legt die Leinen los«). Selbst, wenn man ganze Songs autobiographisch auffassen kann, wie das recht witzige »Jugendliche« (»Ihr seid Jugendliche / Wer soll euch vor euch beschützen? / Wir bestimmt nicht / Wir haben schon genug Ärger mit den Rentnern […]. Seid ihr Punks, oder was? […] Ihr seid wahrscheinlich Verbrecher.«) oder »Tiere in der Großstadt« (»Wir waren fremd für euch in unserer Weise, man konnte von uns profitieren, doch unsere Art zu leben, schien euch verdächtig […]«) bedeutet das Gesungene nichts anderes als sich selbst. Rocko Schamonie ist also wesentlich weniger verschroben als beispielsweise Blumfeld oder PeterLicht. Ähnlich wie er in »Dorfpunks« oder Heinz Strunk in »Fleisch ist mein Gemüse« wird nämlich bloß der Mensch – sozusagen pop-existenzialistisch – in seiner Geworfenheit und damit partiellen Ausweglosigkeit dargestellt. Der Ernst erscheint recht befremdlich und ob es eine tolle, recht unauffällige, stilvolle Scheibe für 30- bis 40-jährige ist oder nur eine »Sternstunde der Belanglosigkeit«, die sich kaum von Udo Jürgens unterscheidet, kann ich auch nach mehrmaligem Hören nicht ganz beantworten.

Rocko Schamoni & Little Machine – dito (Trikont)

Neuer Minusrekord

Mein alter Zuschauer-Minusrekord wurde gestern Abend im Cookys eingestellt. Gehalten wurde die Rekordmarke bisher von der Hamburger All-Star-Truppe Motion feat. Schorsch Kamerun, Ale Sexfeind und Rocko Schamoni, die es in den jungen Neunzigern auf gerade Mal sechs Zuschauer brachten. Sinnlos war’s schon, besonders die Musik, trotzdem gab’s Grund zu bleiben, und der fand sich in der mitgebrachten Friteuse der Bajazzos, die am Bühnenrand erhitzt vom eigentlichen Geschehen ablenkte. Eine Tourköchin, so sieht es zumindest meine Erinnerung, gab dem Raum den richtigen Duft und den Kostgängern Pommes Deluxe. Dadurch wurde die Band samt ihrer Fans prima unterhalten/versorgt und allen war geholfen. Gestern Abend bei Grand Buffet gewesen. HipHop aus Pittsburgh. Fünf Gäste, die beiden MCs Lord Grunge und Nate Kukla, zwei Wirtsfrauen und Felix am Tonpult nicht inbegriffen. Ach ja, und ich. Gestört hat’s weder die Rapper noch mich, gestört hat auch nicht, dass ich gerade Mal zehn Minuten von ihren berühmten Verrenkungen mitbekommen habe (der Rap ist ebenfalls große Klasse), danach war’s Aus (ich kam zu spät). Dass ausgerechnet Grand Buffet das Vorprogramm auf der Nord-Amerika-Tour der Goldenen Zitronen bestritten, bleibt amüsantes Beiwerk und schließt den Kreis der Erinnerung.

Die heiligen drei Könige

Rocko Schamoni – Der schwere Duft von Anarchie (Virgin)
King Khan & His Shrines – Three hairs and you’re mine (Voodoo Rhythm)
Gonzales – Presidental Suite (Kitty-Yo/EFA)

Am Anfang war das Feuer…

King Rocko, King Khan, King Gonzo – selten, dass sich Musiker diese Rubrik teilen müssen. Könige teilen nicht, Könige besitzen. Leide ich an Hochmut, wenn ich ihre derart herausfordere? Ein Konvent göttlicher Besserwisser, darauf hat die Welt gewartet. Bei soviel tonangebender Aristokratie bricht die dogmatisch geführte Underground-Demokratie namens Machtdose in alle Einzelteile. Drei Herren, die auszogen, um ihre Rotzmäuligkeit, ihren überbordenden Schmalz, ihre tolldreiste Siegermentalität und ihre coole Coolness in die Welt der Ahnungslosen zu tragen, so don’t get a minderwertigkeits complex!

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