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über uns

30 Jahre Machtdose

Die Machtdose ist 30. Seit drei Jahrzehnten begleitet sie mich – mal leise im Hintergrund, mal laut und lebendig. Ich erinnere mich gerne an den Sommer 1995, der den Beginn meiner Liebe zum Radio markiert. Damals hatten sich vier Wochen lang eine Handvoll Menschen in die Garage eines Tontechnikers (Studio Hemb) eingeschlossen, die dieser zuvor in eine Radiostation namens K2R umgebaut hatte. 24 Stunden am Tag on Air. Nonstop. Immer da, wenn du einschaltest. Fast so, als hätte Nick Hornby das Drehbuch dazu geschrieben.

Da war diese Fahrt von Rüsselsheim nach Mainz. Die Sonne ging gerade auf. Ich hatte Frühschicht und fuhr auf der Autobahn dem Rhein entgegen. Im Radio liefen die Nachrichten mit der Meldung, dass durch eine Änderung des Hessischen Privatfunkgesetzes zukünftig auch nichtkommerzielle Lokalradios zugelassen werden sollen, vorerst jedoch nur für befristetes Veranstaltungsradio. Die Nachricht machte auch in Rüsselsheim die Runde und schnell wurde klar, dass viele Leute um mich herum ziemlich große Lust hatten, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Offensichtlich hatte die Miniserie Pogo 1104 aus dem Jahr 1984 elf Jahre später ihre volle Wirkung gezeigt. Es fanden sich also Verantwortliche und Interessierte, die in relativ kurzer Zeit so etwas wie eine Programmidee entwickelten.

Roderik, ein guter Freund, und ich waren mittendrin. Rückblickend weiß ich gar nicht so genau, was uns damals geritten hat. Wahrscheinlich war’s die Liebe zur Musik. Folglich stand auch unser Konzept: Wir wollten Musik spielen, die in der deutschen Radiolandschaft unterrepräsentiert schien und rein zufällig unserem Geschmack entsprach. Wir übernahmen eine Programmschiene und nannten sie „Machtdose” (wie es zu diesem Namen kam, habe ich hier einmal beschrieben). Die Idee: einerseits die Locals einbinden, die wir damals gefeiert haben (Studiogäste waren u.a. die B.S.G., Pure Hate Energy und Die Hexen), andererseits die eigene Plattensammlung hoch und runter spielen und möglichst viel dazu erzählen. Ich war nicht gerade der geborene Radiomoderator, habe mich im Laufe der Jahre aber in eine gewisse Routine hineingeredet. Man konnte sich damals prima ausprobieren, ohne irgendwelche Erwartungen erfüllen zu müssen. Eigentlich haben nichtkommerzielle Radiosender wie dieser den ganzen Quatsch, der uns heute über die sozialen Medien erreicht, vorweggenommen. Im Guten wie im Schlechten. Ob es da draußen jemanden gab, den es interessiert, war zweitrangig.

Auch die Radio-Nächte waren legendär. Ursprünglich war nachts keine Sendezeit eingeplant. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass wir ohne Pause durchsenden würden. Ich kann mich an zwei solcher Nächte erinnern, die Roderik und ich übernommen haben. Eine DJ-Nacht mit Platon Polis Kiriazidis, Thomas Hammann und Ricardo Villalobos, allesamt ehemalige Resident-DJs im Café Kesselhaus in Darmstadt. Die andere Nacht verbrachten wir mit Klaus Walter, der mit „Der Ball ist rund“ (1984 bis 2008) deutsche Radiogeschichte geschrieben hat. Mit ihm haben wir die ganze Nacht durchgequatscht (und auch Platten gespielt). Wenn ich mich richtig erinnere, ging es vor allen ums Radiomachen. Was ich aber noch sicher weiß: Wir hätten gut daran getan, uns als gute Gastgeber um ausreichend Bier zu kümmern.

Im Jahr darauf wurden aus vier Wochen schließlich acht, und das, was wir mit unserer rudimentären Radioerfahrung der ersten Wochen ein Jahr später auf die Beine gestellt haben, war schon ziemlich legendär – ist aber eine andere Geschichte. Der reguläre Sendebetrieb von dem jetzigen Radio Rüsselsheim begann im September 1997 und läuft seitdem ununterbrochen bis heute.

Wir durften in all den Jahren mit vielen tollen Menschen reden und haben das auch einigermaßen konsequent verfolgt. Mit Pavement zum Beispiel, dafür sind wir dann extra ins E-Werk nach Köln gefahren. Mein härtestes Interview habe ich mit Carl Barât von den Libertines im Nachtleben geführt: ich denglisch, er im verkaterten Cockney Rhyming Slang. Eines der sympathischsten Gespräche führten wir mit Micha Acher von The Notwist. Bei Stereolab wäre ich fast in Ohnmacht gefallen (besonders in dem Augenblick, als Lætitia Sadier uns ein Nachtlied vorsang). Mit Moldy Peaches im Schlachthof war ich maßlos überfordert, da gleich alle sechs Bandmitglieder auf meine Fragen eine Antwort hatten, Band-Hierarchien gab’s bei Ihnen nämlich nicht. Echter Rock ’n’ Roll war es, …And You Will Know Us by the Trail of Dead im Cookys zu interviewen. Schorsch Kamerun ist während meines Interviews mit den Goldenen Zitronen kommentarlos aufgestanden und gegangen (Ted Geier blieb zum Glück). Gonzalez hat während des Interviews einen Joint gebaut, der so groß war wie ein Marmeladenglas. The Hives durfte ich auf einer ihrer frühen Tourneen im Café Central in Weinheim sprechen. Und Françoise Cactus von Stereo Total war die Lebensfreude in Person – bunt, humorvoll und voller unerschütterlicher Energie. Ein großartiger Mensch.

Von vielen dieser Interviews existieren in meinem Gedächtnis nur noch Gedankensplitter, wenn überhaupt. Deshalb überrascht es mich, wer da noch so alles dabei war: Sebadoh, The Sea and Cake, Motorpsycho, Yo La Tengo, Ween, Tortoise, High Llamas, Wilco, Lambchop, Mercury Rev, Mouse on Mars, The Melvins, The (International) Noise Conspiracy und viele, viele mehr. Klar, Melvins und Ween vor der alten Batschkapp, war schon geil, ist aber bestenfalls noch eine verblasste Erinnerung, obwohl man Melvins-Sänger Buzz Osborne eigentlich kaum vergessen kann.

Zum Glück gab es damals schon Papier (und Schreibmaschine), auf dem ich mir das alles notieren konnte. Die Fotografie war zwar auch schon erfunden, aber total uninteressant für Radiomacher wie uns. Selbstportraits haben damals einfach niemanden interessiert. Deshalb existiert aus dem Gründungsjahr der Machtdose kein einziges Bild, das Roderik und mich zeigt. Ein etwas älteres Foto, das auch hier zu sehen ist, zeigt uns in der Güterverladehalle in Rüsselsheim, dem zweiten Standort von K2R.

30 ist nicht nur eine Zahl, sondern ein Meilenstein, eine stolze Wucht aus Zeit und Leben. Es war schön und ich auf der Suche.

Interview bei Hyperradio

Anlässlich des 10jährigen Podcastbestehens wurde ich von HyperR@dio, einer audio-visuellen Radioshow rund um Netlabels und Netzmusik, interviewt und belobhudelt :). Könnt Ihr Euch dort anhören….

Wir (mit anderen) in der Kölner StadtRevue

Letztens habe ich ein kurzes Interview zum Machtdose Podcast gegeben, und heute finden wir uns deshalb in der Kölner StadtRevue zum Thema Netzmusik und Podcasts, Blogs, Netzines, der Artikel ist auch im dortigen Blog nachlesbar. Neben unserem Dingelchen werden noch eine Reihe weiterer Projekte vorgestellt.

Für alle Besucher:innen von da, schaut Euch um, neben dem Podcast gibts hoffentlich noch eine Reihe weiterer interessanter Dinge zu sehen und lesen.

„Machtdose – Büchse voll Musik“ bei Deutschland Radio Wissen

Kürzlich kam mein Fast-Namensvetter Christian Grasse, Hörfunk-Journalist und Macher der wunderbaren Metawelle zu mir nach Hause und wir haben tatsächlich ohne Mühe drei Stunden am Stück gesprochen über Netlabels, Creative Commons und was da alles zugehört.

Deutschland Radio WissenHerausgekommen ist dabei heute ein Porträt über unser Podcastings bei Deutschland Radio Wissen (in der sowieso empfehlenswerten Netaudio-Serie von „Spielraum“), könnt Ihr Euch anhören unter: Deutschland Radio Wissen: Podcast für Netlabels – Was ich erstmal bemerke: ich rede zu schnell & undeutlich, und es war wahrscheinlich eher schwieriger, einigermaßen akustisch verständliche Passagen fürs Porträt zu finden, mein Englisch ist außerdem natürlich immer noch ein Witz (aber das wisst Ihr ja schon). Insgesamt freue ich mich aber natürlich wie Bolle drüber.

Ich darf wahrscheinlich schon verraten, dass voraussichtlich aus dem Gespräch mit Christian dann nochmal ein deutlich längeres Feature entstehen wird, das dann wohl auch in Bälde bei Metawelle erscheint.

(Und für die, die’s noch nicht kennen: Zu den Podcasts geht’s hier entlang, per RSS abonnierbar sind sie hier – noch besser aber, wenn Ihr die volle Machtdosepackung wollt (also nicht nur den Podcast), nehmt den Gesamtfeed).

Nun mal offiziell: Machtdose Re-launch!!!

Hurra! Juchuuuuu! Hipp hipp juchee! Es ist vollbracht. Wir sind neu, wir sind anders und doch sind wir die Alten. Wir haben uns nur etwas gelifted, da ein wenig in die Jahre gekommen. Und das schon vor Jahren. Der Begriff Relaunch ist auf dieser Seite das erste Mal im August 2008 aufgetaucht, genau sechs Jahre nachdem dieser Blog mit seinem ersten und bis vor einer Woche einzigen Erscheinungsbild Online gegangen ist.

Die Idee, mit neuem Logo, neuen Farben und aktuellen Technologien und Innovationen schwanger zu gehen, ist sogar noch viel älter. Was sollen wir sagen? Dinge dauern, manchmal sogar länger als man denkt. Allein der Glaube, Blogs zu „programmieren“ wäre ein Leichtes, zählt zu den großen Irrtümern interaktiver Konzepte. Klar, »dein kostenloser Blog, gratis in nur 3 Minuten« kennt jeder und machen viele. Die Ansprüche an uns selbst und an das, was die neue Seite einmal können soll, liegen nur leider ungleich höher. Daher gebührt mein Dank den beiden Menschen, mit denen ich diese Seite neu gestalten durfte: Roland Graffé, der unermüdlich die besten Module, Templates und Features studierte, dadurch WordPress mittlerweile (wieder) im Schlaf beherrscht und sich diesen bezeichnenderweise die letzten Wochen nahm, um dem großen Ziel endlich näher zu kommen, und Denis März für das wunderbare Logo und das neue Weblayout. Für mich gehört er zu den besten Grafikern, die ich kenne. Dass er sich auf uns eingelassen hat, betrachte ich als großes Geschenk. Danke dafür.
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7 Jahre Machtdose – das Blog

Etwas für die Statistik-Freunde. Es gibt ein kleines Jubiläum zu feiern: Das Blog-Department der Machtdose feiert sein siebenjähriges Bestehen. Damit gehört es zu den ältesten aktiven Einrichtungen seiner Art, spezialisiert auf Musik, Kunst und Medien und unentwegt auf der Suche nach dem verlorenen Glück. Eine lange Zeit, in der sich viel Content angesammelt hat. There are currently 1,700 posts and 2,005 comments, contained within 14 categories. Die Leserbeteiligung ist bis heute weit unter meinen Erwartungen geblieben, kann aber mittlerweile damit leben. Ist eben nicht alles »social«, was sich »network« nennt. Dass sich hier in all den Jahren am Layout nichts geändert hat, bleibt allerdings der große Skandal und ist eigentlich nicht hinnehmbar. 2002 galt es zwar schon als sexy, einen eigenen Blog zu unterhalten, zirka 98% der Bevölkerung wusste damals trotzdem nicht, was das ist, WordPress steckte noch in den Kinderschuhen und der Begriff Web 2.0 wurde erstmals im Dezember 2003 gegenüber einer breiten Öffentlichkeit erwähnt (ich selbst habe mich erst zwei Jahre später öffentlich dazu bekannt, ein Blogger zu sein. Vorher habe ich mich mehr als Fanzine-Macher verstanden). Von fehlender Eleganz, Benutzerfreundlichkeit und leichter Anpassbarkeit alter CMS-Anwendungen ganz zu schweigen. Ergo: Der Relaunch ist und bleibt die große Baustelle. Der Zugriff ist trotz allem erstaunlich stabil. Grob überschlagen haben sich hier in den letzten sieben Jahren 300.000 Besucher (visits) eingefunden, nicht viel, aber dem Aufwand angemessen. Auf eins noch sei hingewiesen: Bis heute ist diese Seite werbefrei. Das ist mit dem Rückzug der Werbeindustrie aus 2.0 vielleicht nicht weiter verwunderlich, Pop up ads, Bannerschaltung, Google AdWords und Links zu Amazon versperren hier dessen ungeachtet weiterhin nicht die Sicht aufs Wesentliche. Prösterchen.

Twelve

Wieder ein Jahr älter. Jetzt ist die Machtdose also 12. Die 11 irgendwie ausgelassen, davor 10 gewesen und davor 9. Mit 8 angefangen, drauf hinzuweisen, dass man auch mal Geburtstag hat. Den Menschen da draußen ist das egal. Uns vorübergehend auch. Mit 15 wird’s dann wieder spannend. Nur die Welle fragt, es fragt am tiefen Meeresgrund: Wann räumen die endlich das Feld?

EDIT: Okay, aufgrund der großen Nachfrage hier ein Bild aus ’97…


Wollten es damals wissen: Roderik und Gregor