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plattenkritik

Wohin mit dem Hass?

Gut finden, muss gut sein. Finden ja alle gut. Ich auch. Dabei ist die Melodie nicht mal besonders eingängig oder schön oder heavy oder böse. Distelmeyer hat einfach nur zur richtigen Zeit das Richtige im Gepäck. Die Musik der Gegenwehr hat feine Antennen und die Hand am Sicherungskasten. Durchbrennen wäre hier eigentlich angesagt. Und bitte eine bisschen durchdrehen. »Wohin mit dem Hass, den ich in mir spür‘, frisst sich wie Rost nach innen.« Tiefschwarze Tinte, immer geradeaus, am Ende dann aber doch wieder von kolossaler Uneindeutigkeit und zu alt für die Jugend. Herzlich willkommen im Diskurs, den ja eigentlich keiner mehr will, am wenigsten die da oben.

»Wohin mit dem Hass?« ist über seine Homepage zu hören. Am 25.09. erscheint »HEAVY!«. Sein erstes Soloalbum.

(Lese auch: Rock-N-Roll-Aufwieglertum – Frische Frucht für altes Gemüse, TAZ vom 16.07.2009)

Dr Boondigga & The Big BW

»Based on a True Story« gehört vielleicht zu den wichtigsten Alben dieses Jahrzehnts. Eine Offenbarung, die lange bei mir nachgewirkt hat und bis heute locker jede andere Platte vom Teller schupst. Kurzum: ein Klassiker. 2005 war das. Im Juli 09 erscheint nun endlich das zweite Studioalbum des neuseeländischen Septetts Fat Freddy’s Drop. »Dr. Boondigga & The Big BW« heißt der Longplayer. Die ersten Songs davon gibt es auf FatSpace zu hören. Freuen darf man sich auch auf Fatfreddysdrop.tv, dem eigenen Videoportal der Band. Ist zwar noch eine Baustelle, bin aber mal gespannt, ob das Schule macht. Und für Leute mit Rillenfieber: Das Artwork des Vinyls ist spektakulär. Pflichtkauf sowieso.

From the underground to the higher-ground, Fat Freddy’s Drop is the South Pacific soul monster doing it for the love of music, and food!

BBC Sound of 2009

Das war! Und was wird kommen? Wie jedes Jahr veröffentlicht die BBC ihre Top Anwärter auf das Musikjahr 2009 und liegt in der Regel gar nicht mal so schlecht damit. Über ein paar Bands spricht man tatsächlich noch am Jahresende und darüber hinaus. Mein aktuelles, australisches Lieblings-Fantasy-Pop-Duo Empire of the Sun ist auch an Bord.

V.A. – Wälder

»Wir sind spät dran! Das gesamte Internet & ein Großteil der Musikpresse hat schon seine Bewertungen abgegeben, nur wir hinken hinterher«. Unsere Worte aus zwo sechs. Dieses Jahr legen wir noch eine Schippe drauf und geben unsere Jahresbilanz 2008 erst Mitte Januar bekannt. Zuvor wollen wir noch den Gewinner unserer Mixtapeverlosung #3 mit dem großen Preis der Kommentierer beschenken. Stephan Loichinger traf vor fast genau einem Jahr das Losglück. Sein Thema: »Ich habe mich nach Rücksprache mit einer Vertrauten für das Thema der nächsten Mixtape-CD entschieden. Es ist ein schönes, auch ein anspruchsvolles und reiches Thema, wie ich finde. es ist: BÄUME.« Aus BÄUME haben wir »Wälder« gemacht – »Ein Netz der Töne über den Wipfeln der Bäume«, unser bisher bester Wurf seit der Gründung des Machtdose-Mixtape-Preises bei freier Themenwahl. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und fehlender Begeisterung standen wir am Ende doch alle Flamme. Stephan erhält nun die Edel-CD-Ausgabe. Und jeder, der bei der baldigen Jahresbilanz mitmacht und uns dort in den Kommentaren mit seiner eigenen Bestenliste beehrt, bekommt ihn ebenfalls als Präsent überreicht – für die Festplatte – und hat gleichzeitig die Chance, ausgelost zu werden für das Thema des nächstjährigen Geschenksamplers. Business as usual! (Die bisherigen Preise: Duette und Federal Republic Of. Credits: Danke an Charlotte und Sebbl für eure Tipps und Janis für die Übersetzungshilfe)

Wälder - Ein Netz der Töne über den Wipfeln der Bäume
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Und das ist er… (most of the tunes can be found at last.fm – Wälder)

1. Fleet Foxes – Blue Ridge Mountains
Welcome back Hippietum. Die Abräumer des Jahres bedienen sich in ihrem schönsten Lied eines gängigen Topos jener Ideologie und besingen den Rückzug ins Gehölz – auch wenn drüber Winter sich legt (Im zitternden Wald / wo der Hund liegt mit Schüttelfrost / hat unser guter Großvater / ein hölzernes Nest gebaut) (ron)

2. Amorphous Androgynous – Go tell it to the trees egghead
Go tell it to the trees egghead (sinng. »Hau’ ab und erzähl’s den Bäumen, du Eierkopf«) weckt falsche Assoziationen. Amorphous Androgynous komponieren ein akustisches Naturereignis aus Kitsch, Glück und Sommerlaune. Unsere Waldtiere, das Eichhörnchen, der Fuchs, das Reh, der Marder und die vielen bunten Vögelchen vergnügen sich in der Lichtung draußen am Weiher. Ein gut geschnittenes Potpourri aus elektronischer Instrumentalmusik und analogen Zupf- und Nebengeräuschen. (greg)

3. Deep Elem – Lost In The Woods
Das Duo aus dem mittelenglischen Tiefland sieht vor lauter Häusern den Wald nicht mehr. »Woods« als Metapher für eine kranke Zivilisation, für das Immergleiche unserer alltäglichen Umgebung, dem Dickicht der Stadt? Wie heißt es am Ende schön: »And when I get myself a gun / and when i get myself a gun / I’m gonna shoot down all I’ve done / and sit and watch the blood red sun.« Mit den üblichen Zutaten aus Folk und Bluegrass zurück zur Natur. (greg)

4. I’m from Barcelona – Treehouse
I have built a treehouse / I have built a treehouse / Nobody can see us / it’s a you and me house. Der Wunschtraum aller Kinder ist ein Baumhaus-Traumhaus, ein Ort des Rückzugs en miniature, in dem viel Platz ist für gutgelaunte Popsongs. Für die Leute in der Fabrik sind das Luftschlangen und Konfettikram. Geht stempeln, Leute! Nebenbei gesagt: Die Kinderlieder-Compilation ist so was von überfällig – das schreit zum Himmel. Zuletzt mit Wiegenlieder Nikotwo an dem Thema gesessen. Das war, Roland, 1995 und C90? (greg)

5. Kaki King & The Mountain Goats – Black Pear Tree
Die Bergziege John Darnielle begann in diesem Jahr die Zusammenarbeit mit der Gitarristin Kaki King, die hier sehr schön einen von Darnielles Texten singt, in dem es autobiographisch um eine recht düstere Nacht gehen soll, in der jener in einem schwedischen Krankenhaus liegend glaubt, der Krebs habe ihn nun erwischt. Dann fällt einem so was wie »Schwarze Birnen« schon mal ein. (ron)
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Lambchop – OH (ohio)

Kurt Wagners Stimme gehört vielleicht zu den besten, die die nordamerikanische Gesangskultur jemals hervorgebracht hat, mal leicht übertrieben formuliert. Nirgendwo sonst wird so deutlich, wie Lebens- und Gesangserfahrung die Ausdruckskraft des Menschen bereichern kann. Was hat dieser Mann nur alles durchmachen müssen, um so zu klingen? Wahrscheinlich langt es, in Nashville aufzuwachsen oder dort, wie Kurt Wagner 13 Jahre lang zu leben, was allerdings nicht seine Freude am Soul erklärt. Lambchop-Label City Slang hat sich anlässlich des neuen Albums »OH (ohio)« etwas ganz Besonderes einfallen lassen. In der Oktoberausgabe der Rolling Stone liegt die CD exklusiv bei. Ohne Aufpreis. Das Album wird zusätzlich als LP und im Digipack veröffentlicht. Schöne Scheibe und für die RS perfektes Marketing.

Die Spex schreibt: »OH (ohio) ist eine musikalische Vergewisserung: So wie nach dem Sommer stets der Herbst kommt, folgt einer Lambchop-Platte eben die nächste. Das hat nichts mit Langeweile oder Einfallslosigkeit zu tun, es ist ein Naturgesetz.«

City Slang über Lambchop
Lambchop Website

Golden Age

Chapeau! TV On The Radio mit zwei großartigen neuen Singles. »Golden Age« (Released: 9/2/2008) und »Dancing Choose« (Released: 9/9/2008). Beide Singles liegen als Radio Stream auf der TVOTR-Startseite. Gestern das erste Mal laut gehört. Nach dem mäßig begeisternden »Return to Cookie Mountain« ein geradezu sensationeller Aufgalopp für das dritte Album »Dear Science«, das demnächst veröffentlicht wird.