Gregors Nr. 8: Dumbo Tracks – Dumbo Tracks (Italic)
Wechselnde Gäste und große wummernde Bässe – auf Dumbo Tracks findet sich reichlich Indieprominenz, z.B. Julian Knoth (Die Nerven), Roosevelt, Markus Acher (The Notwist), Indra Dunis (Peaking Lights) und DJ Koze. Alle dabei. Das Dubbärchen in mir hat seit langem mal wieder eine honigsüße Wabe in einer subtropischen Baumhöhle entdeckt. Jan Philipp Janzen, Trommler bei Urlaub in Polen (Like), Von Spar (Like) und Die Sterne (Like), bearbeitet die Dub-Sounds mit der richtigen Temperatur. Das ist gerade so aufregend genug, um im Schatten des Kastanienbaumes zu dösen. Ab und zu kommt ein leichtes Windchen auf, das die wundersüß geschwungenen Melodiebögen der Guest Vocals heraufbeschwören. Sollten auch junge Menschen hören.
Rolands Nr. 8: Cola – Deep in View (Fire Talk)
Es war einmal die (mir völlig unbekannte) Band Ought, dann gab es sie nicht mehr, sondern, reduziert auf drei, eine neue Band mit dem hervorragenden Namen Cola. Ein Jahr der Gitarre sei dieses Jahr, einigten Gregor und ich uns beim gegenseitigen Best-Of-Tracks-Hören. Und so mag ich meine Gitarren eigentlich auch am liebsten: trocken und melodiös. Ja, aber was ist denn daran besonders? Na nix, sag ich. Ja, alles vielleicht so sehr Strokes-like, egal, und: warum auch nicht? Vor allem: ein echtes Album, d.h. eine spezifische Soundtür wird aufgestoßen, sorgt für Durchug und dann wird sie wieder zugeschmissen, und wumms, fertig ist die Laube.
Gregors Nr. 9: Pink Shabab – Never Stopped Loving You (Karaoke Kalk)
Schwimmen, Spazierengehen, Schräubchen drehen – Joseph Carvell alias Pink Shabab machte, was man als Musiker eben machen muss, wenn man das Haus nicht mehr verlassen darf: Er fuhr nach Südfrankreich und produzierte ein lovely Coronaalbum. Ja und nein, irgendwie schon wieder lange her und trotzdem hängt es einem mächtig nach, dieses Schwarze Loch der Pandemie. Der Referenz-Sticker auf dem Cover: »Die 80er sind zurück!« 80ies-Nostalgie findet sich allerdings nur in der Epidermis, was darunter liegt, greift viel weiter. »Never Stopped Loving You« ist ein bunt bemaltes Vogelhaus geworden, Federn flattern, allein die Vögel singen, zwitschern, tirilieren. Ein wohliger Sound mit den richtigen Keyboardanschlägen und Abstechern in die weitere Umgebung von Dance- und House, exotisch und angenehm eigenartig dazu.
Rolands Nr. 9: Moon Panda – What on Earth (Fierce Panda)
Das dänisch-amerikanische Duo Moon Panda liefert hier einen klassischen Slow-Burner: einerseits, was das Tempo der Songs selbst, andererseits, was ihre zunehmende Schönheit beim wiederholten Hören betrifft. Das ist kurzfristig und auf’s Einzelne gesehen erstmal wenig spektakulär, aufs Ganze und Dauer allerdings umso verfänglicher. Wohl abgehangene Lieder zum steigernden Wohlfühlen also. Ließ sich etwa gut anwenden an Herbsttagen, als die typisch mittelprächtige Melancholie einsetzte, es einem zwar sad, aber auch nicht zu sad ging – wie so’ne warme Tasse Tee.
Hier kommen also unsere Albumcharts! Diesmal wollen wir jeden Platz einzeln raushauen – und Ihr wisst, gibt immer zwei Alben je Platz, los geht’s:
Gregors Nr. 10: The Düsseldorf Düsterboys – Duo Duo (Staatsakt.)
Musik in schwierigen Zeiten. The Düsseldorf Düsterboys bilden das Gegengift. In den Texten deutet sich das zwar kaum an, vielmehr ist es das Liebliche, ihre naive, sentimentale Poesie, die in ihrer Essenz das Gute gebietet und das Böse verbietet. Irgendwo zirpen Grillen, hie und da hört man eine Stecknadel fallen, dann diese typischen Beach-Boys-Düsterboys-Glücksmomente, ein bisschen Kirchenschola, Deutsch-Americana, Barden-Pop. Triftet musikalisch weit auseinander, richtig, klingt aber zusammengeschmolzen wie tausend Kerzen. Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti sind seit diesem Jahr fester Bestandteil meiner Plattensammlung. Schwer denkbar, dass sie demnächst schon wieder bei Discogs landen.
Rolands Nr. 10: Sonnyjim & The Purist – White Girl Wasted (Daupe!)
Hat klanglich einiges gemeinsam mit der ebenfalls in diesem Jahr erschienen Platte von Danger Mouse: unter anderem findet sich auf beiden ein Track mit einem Rap-Part des 2020 verstorbenen MF Doom. Beide sind in jeder Hinsicht gleich dope, diese hier lediglich ’n Ticken unterhaltsamer für mich – es drehen die Beats und Rhymes zugedröhnt frei, wie ich HipHop-Laie es am liebsten mag.
Möge der Jahresrückblick beginnen! Dieses Mal anders herum, wir fangen also mit den Einzelstücken an – die Albenplatzierungen im Countdown folgen kurz darauf.
Wie letztes Jahr haben Gregor und ich uns jeweils auf 15 Lieblingsstücke des Jahres geeinigt und in einer Videoschalte dann einander vorgestellt/-spielt. Lieblingsstücke heißt übrigens nicht zwingend, dass sie auch dieses Jahr erschienen sind. Wir waren diesmal soundmäßig durchaus näher beieinander als üblich, einmal sogar mit Band-Doppelung.
Wie immer gibt es das Ganze als wohlabgestimmte Mixliste, wie immer gefällt sie uns selbst natürlich außerordentlich, wir hoffen, Euch auch.
Bei Spotify:
Machtdose – Die besten Tracks 2022 (bei Spotify)
Bei YouTube:
Machtdose – Die besten Tracks 2022 (YouTube-Playlist, Menü rechts oben)
Music videos – there must be hundreds of thousands of them published on YouTube and other channels every year. It’s hard to know where to begin. And when you look at the hundreds of millions of views, you understand how popular music videos are these days. How they have become a mass phenomenon, so to speak, outside of media perception. Let’s be honest: The ratings MTV achieved in the 1990s were probably comparatively irrelevant compared to what’s happening on the Internet right now. So the fact that the quality of many music videos is outstanding will come as no surprise at first. We have selected ten of these music videos from the year 2021 and claim that you must have seen them. For a little bit more perspective in the jungle of possibilities.
Either check out the ten clips on this page or head over to our YouTube channel. There you can find a playlist with all ten videos. Start once, be amazed ten times!
10. Molly Lewis – Oceanic Feeling
09. Little Simz – Point And Kill feat. Obongjayar
08. Marina Herlop – miu
07. Lana Del Rey – Chemtrails Over The Country Club
06. black midi – John L
Black Midi delivered two brilliant music videos in 2021. At the end, we liked „John L“ a little bit more, but it’s definitely worth taking a look at their video for „Slow„. When it comes to good music videos, they seem to know who to ask!
05. Doja Cat – Need to Know
04. Lil Nas X – Montero
Lil Nas X’s videos are hard to beat. Two videos from 2021 that can be found in every list these days. Which of them is better? No idea. We have rolled the dice and „Montero“ has won. Don’t miss „Industry Baby„. The only question now is why not number one? Decide for yourself…
Nachdem wir mit den Alben durch sind, jetzt noch unsere 30 Favoriten-Tracks. Die haben wir uns in einem Zoom-Meeting per Songpingpong zugeworfen und vorgestellt, war eine Riesenfreude. Als Ergebnis das Ganze nun in Form einer Mix-Playlist, bei der wir dann noch ziemlich an der Reihenfolge tüftelten (bekanntlich nicht trivial!).
Insgesamt eine erfreulich vielsprachige und -stimmige Mischung, meinen wir, und hat uns selbst die Weihnachtstage sehr versüßt.
Auteur-Techno, lauter kleine Erzählungen, jede meist ganz anders als die vorige und somit eine Überraschung nach der nächsten – obschon genrespezifisch ausreichend Stampf und Monotonie vorhanden. Produktionswerte top notch, manchmal will man einfach einem bestimmten Schlagwerk nachhorchen, weil es für sich allein schon spektakulär genug klingt.
Gregors No. 2: Squid – Bright Green Field (Warp)
Liebe zum Detail, Anspielungen und Querverweise – das ist die Musik von Squid. Nein, eigentlich habe ich nicht die musikhistorische Kompetenz, um über „Bright Green Field“ zu schreiben. Das sollte sich unbedingt mal jemand vom Fach genauer anschauen, so schlau und studiert ist das alles, irre! In einem Moment kurz und simpel, im nächsten komplex und schnell, riesige, dröhnende Synthesizer, matschig und stampfend, tanzbar, jazzige Saxophonlinien, Spoken-Word-Einlagen, explodierender Post-Punk, Ambient, Krautrock – einfach alles ist nur einmal auf „Bright Green Field“. Höchste Präzision findet sich also nicht nur in Schweizer Uhren. Makellos!
Rolands No. 1: Fred Again.. – Actual Life (April 14 – December 2020) (Atlantic)
Fred again.. ist ein rasend erfolgreicher Produzent, für zig Top 10-Platzierungen in den UK-Charts verantwortlich. Jetzt hat er die für mich – mit Abstand! – bedeutendste Platte des Jahres gemacht, aus Lockdown und Pandemie geboren. Ein Arbeits-Tagebuch, bei dem meist Youtubeschnipsel als Sampels zum Ausgang genommen wurden, um daraus den nächsten Track zu entwickeln. Es kommt ein Banger nach dem anderen, von vereinzelten James Blake-artigen Einlagen und Ruheinseln unterbrochen. Die Samples bestehen aus Signature-Sprüchen, die nach und nach nach alle wieder auftauchen, das Isoliert-Gedankenkarrussell nachbildend, dass doch wohl jede:r gerade kennt? Wer könnte etwa nicht zu Aussagen relaten wie „I’m so tired of being strong“? Das liest vielleicht nicht besonders dolle, aber mit der Musik dazu hat das jedenfalls mich auch emotional sehr abgeholt und mitgenommen. So wird ein Spoken-Word-Vortrag über Depression („I am a party / inside of my head / inside of my home“) zur Trotzgeste gegen den ganzen Außenkrams, wie eh fast schon verzweifelt nach einem positiven Ausgang gesucht wird: „We’re going through“. Wird schon. Ich muss zwanzig Jahre zurückgehen, um etwas zu finden, das ähnlich als perfekte Heimpartyplatte für den Ego- und Emohaushalt funktionierte, nämlich bis zu „Since I left You“ von den Avalanches.
Gregors No. 1: Mano Le Tough – At The Moment (Pampa Records)
Mano Le Tough aus der Grafschaft Wicklow an der Ostküste Irlands. Als Siebenjähriger Talking Heads und Fine Young Cannibals aus dem UKW Sender mitgeschnitten, bevor er Tanzmusik im lokalen Piratenradio für sich entdeckte. Neben Dutzenden von Veröffentlichungen wurde Le Tough später dann zu einem gefragten DJ mit Headliner-Auftritten rund um den Globus. Mit Tanzmusik hat „At The Moment” allerdings nur gelegentlich zu tun. „Let’s make Noises“ hört man eine Kinderstimme in einem Stück sagen, schau’n mer mal, was sich auf der Festplatte so findet. Zeit zum Suchen war ja genug da in den letzten Monaten. It’s hard for me to make good music about everything being amazing. Anything I’ve done that had any kind of artistic merit has been through struggles I’ve had”. Gestruggelt hat ihn natürlich Corona.
Leider kein geeignetes Video gefunden, daher Verweis auf die Bandcamp-Page zum Nachhören: